Nach einem ganz vorzüglichen Frühstück unter üppig wuchernden Bougainvilleen steigen wir die sanfte Anhöhe in Richtung Plaza Mayor hinab. Bereits unser üblicher Weg auf der Calle 13 führt uns an einigen stilvollen kleinen Läden voller kolumbianischer Handwerkskunst vorbei. Natürlich gibt es auch in Villa de Leyva Souvenirshops, aber hier sehen sie irgendwie viel netter und ansprechender als anderswo aus.
Sightseeing First
Doch vor der Kür kommt die Pflicht. Wobei unser Rundgang durch die kolonialen Straßen und Gassen extrem viel Spaß macht und so gar nichts von unangenehmer Pflichterfüllung hat.
Hier ein paar Eindrücke:
Die imposanten Holzbalkone und -türen der schmucken Kolonialgebäude haben es mir ganz besonders angetan:
Unwiderstehlich
Nach einem kleinen Mittagssnack an der Plaza Mayor klappern wir die Läden, die es in meine persönliche Vorauswahl geschafft haben, noch einmal ab. Ich fröne dem Konsum, während Knut meinen Kaufrausch mit Fassung (und überdurchschnittlich vielen Rauchpausen) trägt.
Kein schönes Ende
Auch der schönste Kaufrausch hat einmal ein Ende und so machen wir uns am Nachmittag auf den Rückweg zur Unterkunft. Habe ich mich etwa beim Shoppen so verausgabt? Oder machen mir Höhe und sommerliche Temperaturen mehr als sonst zu schaffen? Jedenfalls schleppe ich mich buchstäblich zurück zur Unterkunft und falle völlig kraftlos ins Bett. Kopf- und Gliederschmerzen gesellen sich kurze Zeit später dazu. Übelkeit, Erbrechen und Schüttelfrost sind auch noch mit von der Partie und strecken mich vollends nieder. Am Abend schaffe ich es nicht einmal mehr aus dem Bett, um Knut zum Abendessen zu begleiten. Er muss alleine los. Hoffentlich geht es mir morgen wieder besser. Schließlich gibt es doch noch so viel im Umland von Villa de Leyva zu entdecken!
Zunächst fahren wir von Zipaquirá auf der 45A nach Süden Richtung Bogotá. In einem der Vororte von Kolumbiens Hauptstadt verlassen wir sie dann auch schon wieder. Undurchsichtige Verkehrsführung und schmale Straßen machen es uns nicht gerade leicht, den richtigen Einstieg auf die Ruta 55 zu finden.
Aber irgendwann haben wir die Gewissheit, dass wir’s geschafft haben. Das Gewirr an Straßen wird lockerer, reduziert sich bald nunmehr auf eine breite Straße und Richtung Nordosten ist ebenfalls absolut richtig.
Am Radfahrsonntag nach Tunja
Rauf und runter geht’s entlang der Ostkordillere Richtung Tunja. Auf der Strecke sind Massen an Radfahrern, auch professionelle, unterwegs. Es scheint, dass heute mal wieder Radlsonntag in und um Bogotá ist. Leider kommen wir auch an einem ziemlich üblen Fahrradunfall mit LKW vorbei. Es sind allerdings schon genügend Helfer da und so schauen wir lieber gar nicht so genau hin und fahren weiter.
Die Ostkordillere hinab nach Villa de Leyva
Bei Tunja, auf 2.810 m gelegen, verlassen wir die Ruta 55 und biegen auf die Ruta 60 nach Westen ab. Auch wenn wir uns inmitten der Anden befinden, gleicht die Umgebung eher einer deutschen Mittelgebirgslandschaft und hat so gar nichts Hochgebirgshaftes an sich. Auf einer recht gemütlichen Fahrt durch eine sanfte Hügellandschaft nähern wir uns nach etwa 40 km dem Kolonialstädtchen Villa de Leyva auf 2.149 m, das wir knapp drei Stunden nach unserem Aufbruch aus Zipaquiá am frühen Nachmittag erreichen.
Ein erster Eindruck von Villa de Leyva
Strahlender Sonnenschein und frühsommerliche Temperaturen. Koloniales Flair und viele Touristen. Nachdem wir unser Quartier in einem der Kolonialhäuser bezogen haben, machen wir uns auf den Weg zur Plaza Mayor, dem Zentrum des Kolonialstädtchens. Die Plaza Mayor ist riesig! 120 x 120 m gepflasterter Platz, umgeben von weiß gekalkten Kolonialhäusern, machen echt was her. In den Arkadengängen rund um den Platz reiht sich Café an Restaurant. Dazwischen kleine Kunsthandwerksläden. Morgen müssen wir hier unbedingt auf Shopping-Tour gehen! Aber für heute begnügen wir uns erst einmal mit einem leckeren Nachmittagssnack (direkt am Platz) und einem Besuch der 1608 gebauten Iglesia Parroquial an der Südostseite der Plaza.
Danach schnaufen wir wieder die Anhöhe zu unserem kleinen Hotel hinauf und lassen den Tag ganz entspannt ausklingen.
Nach dem Frühstück machen wir uns zu Fuß auf den Weg zur Salzkathedrale, die südwestlich des Stadtzentrums liegt. Wir quälen uns die Anhöhe hinauf, während Autos mühelos an uns vorbeiflitzen. Warum haben wir uns eigentlich für die schweißtreibende Alternative „per pedes“ entschieden?
Nach einer guten halben Stunde haben wir den Anstieg erfolgreich hinter uns gebracht und stehen schwitzend in der ersten Warteschlange. Als wir dran sind, erfahren wir, dass hier nur die Audioguides ausgegeben werden. Die eigentliche Kasse befindet sich am Ende der Souvenirstände in der Nähe des Parkplatzes.
Teurer Spaß
Also begeben wir uns zur Kasse und reihen uns in die nächste Warteschlange ein, um ein für kolumbianische Verhältnisse richtig teures Ticket (ca. 15 € pro Person!!) zu kaufen. Mit dem Ticket in Händen kehren wir zur Audioguideausgabe zurück und holen uns einen in deutscher Sprache. Und dann geht’s auch schon über die Plaza del Minero hinein in den Stollen.
Zweifelhaftes Vergnügen
Ein Kreuzweg führt hinab zum Höhepunkt: der dreischiffigen Höhlenkirche mit Lightshow – weltweit die größte dieser Art. Da wir beide nicht besonders gläubig sind, sind die sphärischen Klänge und religiös-schwülstigen Interpretationen der einzelnen Stationen nur sehr schwer für uns zu ertragen. Bald schon lassen wir den Audioguide ganz aus und gehen zügig weiter. Das bzw. die Kirchenschiffe sind zwar echt imposant, aber die superkitschige Illumination in den schrillsten Farbkombinationen nimmt der beachtlichen Leistung der Bergleute die Größe und Würde und deklassiert das Ganze eher zu einem Jahrmarktsspektakel.
Enttäuscht treten wir den Rückweg auf dem selben Pfad wie auf dem Hinweg an. Einhellig kommen wir zu dem Schluss, dass sich der Besuch der Salzkathedrale von Zipaquirá nur lohnt, wenn man extrem katholisch ist oder auf total kitschige Lightshows steht. Ansonsten besser das teure Eintrittsgeld anderweitig sinnvoller investieren!
Heute werden wir nun also zum dritten Mal die Westflanke der Ostkordillere hochfahren. Zunächst gurken wir jedoch durch die Gassen von Honda. Aber dieses Mal, um herauszukommen. Nach einigen Anläufen finden wir die Autobrücke über den Río Magdalena und beim zweiten Anlauf auch die Zufahrt zur Ruta 50. Diese führt in südöstlicher Richtung die Kordillere bis Bogotá hinauf und ist in einem hervorragenden Zustand. Trotz der zu überwindenden Höhenmeter kommen wir recht gut voran. Irgendwo zwischen La Vega und der Abzweigung auf die Ruta 21 passieren wir auch den „Alto El Vino“. Nicht besonders spektakulär und deshalb auch kein Foto.
Auf der Ostkordillere nach Norden
Von der Ruta 50 biegen wir auf die Ruta 21 und fahren jetzt in nordöstliche Richtung bis Chía, auf 2.600 m gelegen. In den letzten 160 km haben wir also stattliche 2.375 Höhenmeter überwunden. In Chía selbst biegen wir dann auf die Ruta 45A nach Norden ab. Jetzt sind es nur noch 15 km und 50 Höhenmeter bis Zipaquirá. Also quasi nicht der Rede wert.
Ankunft in Zipaquirá
Nach viereinhalb Stunden erreichen wir Zipaquirá auf 2.650 m bei strahlendem Sonnenschein. Bis wir uns durch Einbahn- und gesperrte Straßen bis zu unserem Hotel vorgearbeitet haben, ziehen aber schon die ersten Wolken auf und es wird merklich kühler. Jedoch haben wir noch so viel Resthitze von Honda und unserem Dicken in uns, dass wir den Temperaturrückgang zunächst gar nicht wahrnehmen.
In Zipaquirá
Da wir noch einen Gutteil des Nachmittags Zeit haben, schlendern wir einmal durchs Zentrum von Zipaquirá. Das Andenstädtchen verfügt über zwei schöne große Plätze: Die Plaza de los Comuneros und die Plaza de la Independencia. Drumherum sind die schönsten Gebäude (finde ich zumindest).
Jedoch besucht man Zipaquirá nicht seiner schönen Plätze wegen, sondern wegen seiner Salzkathedrale. Allerdings liegt sie etwas abseits vom Zentrum. Und deshalb schauen wir uns die auch erst morgen an. Wofür sonst haben wir zwei Nächte hier gebucht!
Zunächst fahren wir auf der sehr gut ausgebauten Ruta 29 in nördliche Richtung. Entlang des Verlaufs der Zentralkordillere geht es mitten durch die wunderschöne Kaffeezone, vorbei an Pereira bis Manizales auf 2.160 m. Da biegen wir ab auf die Ruta 50, um – hoffentlich – unsere letzte Andenquerung hinter uns zu bringen.
Den „Alto de Las Letras“ hinauf…
Ab jetzt geht es die Zentralkordillere erst einmal ordentlich hinauf. Die Vegetation wird zunehmend karger und Temperatur nimmt kontinuierlich ab. Es sind erstaunlich viele Radfahrer unterwegs. Nur mit ihrer Muskelkraft bezwingen sie Steigung um Steigung. Meine Bewunderung haben sie dafür in jedem Fall sicher! Während unserer Fahrt von einer Kordillere zur anderen streifen wir auch den Parque Nacional Los Nevados. Hier zeigen sich die Anden noch einmal von ihrer schönsten Seite. Und mit dem 5.311 m hohen Nevado del Ruiz sehen wir auch den zweithöchsten aktiven Vulkan auf der Nordhalbkugel. Den höchsten Punkt der Strecke bei 3.679 m überfahren wir dann aber einfach mal so.
… und bis Honda wieder hinunter
Dann geht es die Ostflanke der Zentralkordillere hinunter und mit jedem überwundenen Höhenmeter steigt die Temperatur wieder. Wir kommen auf der durchgängig asphaltierten Straße wirklich gut voran. Es scheinen sich auch nicht ganz so viele LKWs auf dieser Strecke zu tummeln. Kurzum: Im Vergleich zur Ruta 40 ist das ein richtig entspanntes Fahren! Nach über fünf Stunden interessanter und landschaftlich abwechslungsreicher Fahrt erreichen wir Honda auf 225 m am Fuß der Ostkordillere.
Die erste Überraschung in Honda
Auf der Suche nach unserem Hotel gurken wir zunächst durch die schmalen Gassen der Altstadt. Jetzt noch nach links, dort den Berg hinunter und dann nach rechts. Dann sind wir da. Der PKW vor uns biegt ab, bleibt stehen und macht nichts mehr. Ich steige aus. 36 Grad schwüle Hitze treffen mich völlig unvorbereitet. Ich schaue links um die Ecke und weiß jetzt, warum der PKW stehengeblieben ist. Das Sträßchen hinunter ist mit Treppen durchzogen. Geradeaus geht’s aber auch nicht weiter. Da sind auch Treppen. Wir drehen um, parken den Dicken vor einer Kirche und machen uns zu Fuß auf die Suche nach unserem Hotel.
In Etappen ans Ziel
Wir finden tatsächlich die Posada Boutique Las Trampas, ein stilvolles Hotel in einem großzügigen Kolonialgebäude mit wunderschönem Patio. Nach einem Begrüßungsdrink und dem Beziehen unseres Zimmers machen sich Knut und ein Angestellter des Hotels auf den Weg zum Dicken. Als sie zurückkommen und Knut den Dicken sicher im Hof geparkt hat, meint er nur: „Das hätten wir nie gefunden!“
Die zweite Überraschung in Honda
Nach einer Pause im kühlen Hotelzimmer wagen wir uns am frühen Abend in die immer noch vorherrschende Hitze und stromern durch die Altstadt von Honda. Wir sind wirklich positiv überrascht, hatten wir Honda doch nur aus rein fahrtechnischen Gründen für unseren Zwischenstopp nach Zipaquirá gewählt. Honda ist aber ein richtig schnuckeliges Kolonialstädtchen und war vor Bogotá wohl auch mal kurzzeitig die Hauptstadt von Kolumbien. Es macht richtig Spaß, auf Originalkopfsteinpflaster durch die Gassen zu schlendern.
In einem kleinen Restaurant mit einem wild begrünten Patio lassen wir immer noch vor uns hinschwitzend den Tag bei Bier, frischem Saft und einem leckeren Abendessen ausklingen.
Es tut zur Abwechslung richtig gut, in Kolumbien auch einmal positiv überrascht worden zu sein.
Für die Tage in der Kaffeezone haben wir ein großzügiges Haus in der Nähe von Circasia gemietet. Umgeben von Kaffee-, Bananen- und Bambuspflanzen liegt es auf angenehmen 1.800 m.
Die ersten Tage verbringen wir ausschließlich damit, uns von der anstrengenden Anreise zu erholen, den Ausblick auf die uns umgebende Landschaft und Armenia zu genießen und uns gelegentlich im Pool abzukühlen. Denn selbst hier in der klimatisch angenehmen Kaffeezone hat der Sommer Einzug gehalten und heizt uns mit 28 bis 33 Grad ordentlich ein.
Armenia: Zum letzten Mal in die Werkstatt und zum zweiten Mal in der Stadt
Am Montag (3.02.) müssen wir mit dem Dicken noch einmal in die Nissan-Werkstatt. Ein letzter Ölwechsel und ein Austausch der Bremsklötze hinten stehen an. Bei der Gelegenheit lassen wir doch dann auch gleich die beiden Hinterreifen durch unsere Reservereifen austauschen. Die Wartezeit von gut zwei Stunden nutzen wir, um uns bei sommerlichen Temperaturen noch einmal das auf 1.550 m gelegene Armenia anzuschauen. In dem Städtchen sieht es doch tatsächlich immer noch genauso aus wie vor sechs Jahren.
Bei Circasia: Führung durch die Kaffeefinca
Am Dienstag (4.02.) werden wir am Vormittag von Juan, dem Vater unseres Vermieters, durch die Kaffeeplantage „zu unseren Füßen“ geführt. Juan ist Kaffeebauer mit Leib und Seele. Dementsprechend herzlich und enthusiastisch ist seine Führung. Wir bewundern, mit welcher Grazie und in welchem Tempo er den steilen Hang rauf und runter flitzt. Und erleben hautnah, wie viel Handarbeit der Kaffeeanbau in Kolumbien erfordert. In Anbetracht der harten Arbeit ist der Erlös für ein Kilo Rohkaffee geradezu lächerlich. Nach Abzug der Kosten bleibt auch nicht mehr allzu viel zum Leben übrig.
Calarcá: Jardín Botánico del Quindío
Am Nachmittag desselben Tages fahren wir in das etwa 20 km entfernte und auf 1.573 m gelegene Calarcá. Bei einer Führung durch den Botanischen Garten bekommen wir einen farbenfrohen Eindruck von der vielfältigen Flora und Fauna Kolumbiens.
Flora …
… und Fauna:
Absolutes Highlight ist aber definitiv das Mariposario, das Schmetterlingshaus aus Glas in Form eines Schmetterlings. Auf 700 qm flattern 100 endemische Schmetterlingsarten um uns Besucher herum.
Außerdem empfiehlt sich hin und wieder ein Blick auf Boden, um nicht versehentlich über die freilaufenden Schildkröten zu stolpern.
Filandia: Bunte Paisa-Architektur im schönsten Ort des Departamento Quindío
Am Mittwoch (5.02.) fahren wir zum krönenden Abschluss ins 23 km entfernte und auf 1.950 m gelegene Filandia.
Hier gibt es keine Farbkombination, die es nicht gibt. Egal wie schrill und schräg sie auch erscheinen mag. Der Ortskern ist voll auf Tourismus ausgelegt und besteht aus Souvenirshops, Touranbietern, Restaurants oder Cafés.
Nach einem kleinen Imbiss in einem davon, fahren wir nur zu gerne wieder in unsere grüne Idylle am Rande von Circasia zurück.
Die Ruta 40 ist die Haupttransversale in West-Ost-Richtung, wobei der steile Bergabschnitt zwischen Armenia und Ibagué als einer der kompliziertesten Abschnitte gilt. Da die Straße größtenteils stark erneuerungsbedürftig ist und zudem der Strecke die Gefährlichkeit etwas genommen werden soll, wird nach Jahrzehnten der Planung (und einer zweiten Ausschreibung wegen Missmanagements) nun endlich an der Strecke gebaut. Dafür wird seit 22.01. (super Timing!) der Abschnitt zwischen Calarcá und Cajamarca von Montag bis Donnerstag in der Zeit von 22:00 h bis 5:00 h komplett gesperrt. Das war also der Grund für die seltsame Routenführung von GoogleMaps vorgestern Abend.
Und heute?
Wenn alles gut läuft, kann man theoretisch auf der Ruta 40 in dreieinhalb Stunden von Ibagué nach Armenia kommen. Theoretisch. Als wir heute morgen im Portal von INVÍAS (Instituto Nacional de Vías: für die Fernstraßen verantwortliche Agentur in Kolumbien) im Menüpunkt „Viajero Seguro“ nachschauen, werden drei Ereignisse auf der Strecke Ibagué – Armenia angezeigt: 1. Die Totalsperrung in der Nacht, 2. Eine Teilsperrung bei Kilometer xy (aber einspurig befahrbar) und 3. Ein Erdrutsch bei Cajamarca und Vollsperrung – eingetragen heute Morgen um 7:30 h. Leider ohne Angabe, wie lange die Straße voraussichtlich gesperrt sein wird.
Abwägen
Was machen wir jetzt? GoogleMaps schlägt die Route über die Ruta 40 vor. Die Alternativroute über die Ruta 50 (sofern man überhaupt von Alternative sprechen kann) ist mehrere hundert Kilometer länger und würde so um die sechs Stunden dauern. Wir fragen an der Rezeption des Hotels und die rufen bei einer Hotline an. Da bekommen sie die Antwort: Die Route „La Línea“, also genau unser Abschnitt, ist frei und kann befahren werden. Nach Abwägen des Für und Wider entscheiden wir uns fürs „Risiko“ und nehmen die vorgeschlagene Route über die Ruta 40. Eine Entscheidung mit ungeahnten Folgen.
Voller Zuversicht
Nachdem wir erst einmal den Einstieg in die Ruta 40 gefunden haben, kommen wir die ersten 25 Kilometer auch ganz gut voran. Abgesehen davon, dass es auf der schmalen und unübersichtlichen Bergstrecke nicht ganz einfach ist, am Schwerlastverkehr vorbeizukommen, der sich auch noch ständig gegenseitig überholt.
Stillstand
Bestimmt sieben Kilometer vor Cajamarca geht dann aber erst einmal nichts mehr. Wir stehen im Stau und warten. Und warten. Und warten.
Hoffnung
Mehrere Straßenhändler kommen vollbeladen auf ihren Mopeds angebrummt und bieten Speisen und Getränke an. Nach einer guten Stunde ringen wir uns durch und fragen einen der Händler, ob er weiß, was los ist. Er nickt und meint: Erdrutsch und ein Kleinwagen darunter verschüttet. Es gibt Verletzte. Aber es müsste bald weitergehen.
Irrtum
Das tut es auch, wenn auch schleppend, und wir belächeln (noch) die ersten Ungeduldigen, die bereits umgekehrt sind. Bis hinter Cajamarca kommen wir noch im Stop-and-Go-Modus, aber dann tut sich für lange Zeit nichts mehr.
Auch wir …
Als es mal wieder ein Stückchen vorangeht, lassen wir uns von den Spezialisten anstecken, die an der Kolonne einfach vorbeiziehen. Dabei wollten wir doch nur die drei LKWs vor uns überholen, damit wir endlich mal ein bisschen mehr sehen. Aber jetzt gibt es keine Lücke mehr zum Einscheren. Mit extremem Unbehagen müssen wir die Flucht nach vorne antreten. Hoffentlich wird die Straße nicht so schnell wieder für den Gegenverkehr aufgemacht!
War’s das wert?
Mit Müh‘ und Not quetschen wir uns in einer Kurve in eine winzige Lücke. Kurze Zeit später frage ich Knut, was denn hier so nach totem Hund riecht. Wir tippen auf den LKW vor uns. Der entpuppt sich nämlich als Müllwagen. Ach deshalb auch die Lücke! Auch als wir ihn bei nächster Gelegenheit überholen und dann schon drei Fahrzeuge von ihm entfernt sind, stinkt es immer noch bestialisch. Und gerade jetzt stecken wir wieder einmal völlig fest und es bewegt sich gar nichts mehr. Was wir nicht ahnen: Daran wird sich in den nächsten Stunden nichts mehr ändern. Am Gestank um uns herum somit auch nicht.
Kommt es noch schlimmer?
Da wir sonst nichts anderes zu tun haben, malen uns schon mal unsere Situation aus, wenn um 22:00 h die Straße gesperrt wird und wir kollektiv auf der Strecke übernachten müssen. Am Steilhang ins Dachzelt zu krabbeln, umgeben von einer stinkenden Müll-Aura, stellen wir uns nicht besonders amüsant vor. Aber jetzt warten wir erst mal ab. Was sollen wir auch sonst tun?
Endlich vorbei! Wirklich?
In der einsetzenden Dämmerung erreichen wir endlich die Stelle, an der der Erdrutsch war und an dem wir nun einspurig vorbeigeleitet werden. Polizei und eine Art Straßenwacht beobachten aber weiter äußerst angespannt die Situation am Steilhang. Jetzt geht es zwar langsam etwas flotter voran, aber wir müssen ja noch an der Teilsperrung vorbei. Und einen Unfall auf der Strecke und wieder Stau dürfen wir auch noch überstehen.
Des einen Freud…
Vom höchsten Punkt der Strecke „El Alto“ auf über 3.000 m Höhe bekommen wir außer dem Hinweisschild nichts mit. Die tolle Aussicht fällt der Dunkelheit zum Opfer. Doch wir sind trotzdem guter Dinge: Nach dieser letzten Abfahrt befinden wir uns im Landeanflug auf Armenia. Aber die Armen (vor allem die LKW-Fahrer) auf der anderen Straßenseite haben mein tiefstes Mitgefühl, haben sie die ganze Malaise doch noch vor sich.
Nicht mehr weit
Wir meistern auch Armenias umständliche Auf- und Abfahrten der Umgehungsstraßen in der Dunkelheit. Jetzt noch durch ein um die Uhrzeit quasi ausgestorbenes Dorf, dann über Schlagloch- und anschließend Schotterpiste bis zu unserer Unterkunft. Um 22:00 h stehen wir vor dem Tor und als Knut aussteigt, um nachzuschauen, öffnet es sich auch tatsächlich sofort. Der Vater unseres Vermieters hat schon auf uns gewartet, wobei wir eher davon ausgehen müssen, dass er bereits den ganzen Nachmittag und Abend mit Warten zugebracht hat.
Geschafft
Wir werden noch durchs ganze Haus geführt, erhalten die ersten organisatorischen Unterweisungen und dann werden wir endlich uns selbst überlassen. Nach 14 Stunden nahezu völligen Stillstands in einem heißen Dicken bei sommerlichen Außentemperaturen sind wir für heute bedient. Nur noch ein Bier zum Runterkommen und dann fallen wir völlig erledigt ins Bett.
Das war bisher mit Abstand die schlimmste Etappe auf unserer Südamerikareise! Wiederholung absolut unerwünscht!!!
Voller Tatendrang machen wir uns heute an die Erkundung der Sehenswürdigkeiten von Ibagué. Unser erstes Ziel soll der Jardín Botánico Alejandro von Humboldt sein. Irgendwie schon merkwürdig, dass keiner der Taxifahrer den Botanischen Garten von Ibagué kennt. Der erste Fahrer ist komplett ratlos. Der ihm nachfolgende Fahrer ist immerhin so schlau, dass er da einfach mal anruft. Noch ein paar Instruktionen für den ersten Fahrer und dann sitzen wir auch schon im Fond seines Taxis und wundern uns, wohin er fährt. GoogleMaps würde nämlich ganz woanders hinfahren. Vor den Toren eines Parks ist plötzlich Endstation. Das könnte er also sein.
Jardín Botánico Alejandro von Humboldt
Ist er aber nicht. Denn das ist der Zugang zum Campus der Universität.
Der freundliche Pförtner am Eingang zeigt uns grob die Richtung über den Campus und tatsächlich: wenige Minuten später stehen wir vor dem Eingang zum Jardín Botánico Alejandro von Humboldt.
Offensichtlich sind die Mitarbeiter hier nicht auf Besucher eingestellt. Denn sie sind mehr als erstaunt, uns zu sehen. Trotzdem scheinen sie sich über uns zu freuen. In einem rasanten Spanisch werden wir mit Massen an Informationen versorgt, wobei ich wieder einmal nicht alles verstehe. Aber irgendwie trotzdem total süß: so eine persönliche Betreuung und Führung durch diesen winzigen Botanischen Garten.
Sonst noch ‚was?
Die Fahrt in die Innenstadt hätten wir uns dann allerdings sparen können. Denn es gibt nichts, was unser touristisches Auge im ersten Moment erfreuen könnte. Also gibt es eben noch einen gemütlicher Nachmittag im Hotel, während dessen wir uns aber schon einmal fragen, warum wir überhaupt zwei Nächte in Ibagué gebucht hatten.
Um 6:00 h klingelt der Wecker. Denn bis 7:00 h müssen wir gefrühstückt haben und startklar sein. Da werden wir zu unserer Tour mit dem Mototaxi durch die Tatacoa-Wüste abgeholt. Schon beim Aufwachen merke ich: Da stimmt was nicht. Meine Waden jucken, als ob eine ganze Armada an stechwütigen Ungeheuern über mich hergefallen wäre. Und wieso hat Knut die selben Symptome? Ein Blick auf unsere Waden bringt traurige Gewissheit. Heute Nacht haben Bettwanzen an uns gewütet. Und jeder einzelne Stich juckt und juckt und juckt. Auch wenn wir seit Beginn unserer Reise befürchteten, dass wir irgendwann einmal auch eine Unterkunft mit Ungeziefer erwischen würden, haben wir doch insgeheim immer gehofft, dass uns diese Erfahrung erspart bleibt. Heute Nacht war es also so weit.
El Desierto de la Tatacoa: Ein paar Informationen
Die 330 qkm große Tatacoa-Wüste liegt zwischen Zentral- und Ostkordillere in einem Trockenbecken am Fuß der Ostkordillere. Folge: extrem wenig Regen wegen doppelten Regenschattens sowie hohe Durchschnittstemperaturen (haben wir auch schon gemerkt). Die Wüste gliedert sich in einen roten und einen grauen Teil und hat ihren Namen von einer inzwischen ausgerotteten Schlangenart, die einst hier lebte.
Der rote Teil: Cañon El Cuzco
Zuerst fahren wir mit dem Mototaxi zum Cañon El Cuzco und damit zum roten Teil der Wüste. Obwohl es noch früh am Tag und sogar etwas bewölkt ist, bekommen wir bereits jetzt eine leise Ahnung, wie heiß es heute noch werden wird. Bei unserem Rundgang (selbstverständlich per pedes) durch diese bizarre Landschaft können wir wieder mal bestaunen, was die Natur so alles im Laufe der Zeit zustande bringt. Uns wird aber auch vor Augen geführt, wie bedroht dieses Fleckchen Erde ist. Denn der Cañon besteht aus verschiedenfarbigem extrem trockenem Lehm, der, wenn es hier alle Jubeljahre mal regnet, einfach weggespült wird.
Im Moment gibt es aber noch genug zu bewundern…
Der graue Teil
Weiter geht’s mit dem Mototaxi zum grauen Teil. In der Zwischenzeit ist es schon merklich wärmer, geradezu heiß, geworden. Und dabei ist es gerade mal 9:30 h. Da werden wir gleich bei unserem Fußmarsch durch diesen Teil der Wüste unsere wahre Freude haben! Der graue Teil ist zwar nicht ganz so spektakulär wie der rote, hat aber auch seinen ganz eigenen Charme. Dekadent finde ich allerdings das in die Umgebung hineingebaute Schwimmbad.
Entscheidung
Gegen 10:30 h werden wir wieder bei unserer Unterkunft abgesetzt. Damit ist unser Tatacoa-Wüsten-Programm abgeschlossen. Da wir zwei Nächte gebucht haben, bedeutet das jetzt: Nochmal einen Tag bei sengender Hitze vor dem Bungalow ausharren und nochmal eine Nacht den Bettwanzen als Festmahl dienen. Beides nicht gerade die verlockendsten Optionen. Nach kurzer Beratschlagung entscheiden wir uns stattdessen für Option drei: Flucht nach vorne. Schnell packen wir unsere Sachen zusammen und checken kurzerhand aus.
Hinaus aus der Tatacoa-Wüste
Unser Weg aus der Tatacoa-Wüste führt uns unter anderem über einsame und schier endlose 40 km Schotterpiste. Innerhalb und außerhalb des Dicken ist es wahnsinnig heiß. Unsere Wasservorräte nehmen rapide ab. Auch deshalb sind wir froh, als wir vor uns in der Ferne die gut befahrene Ruta 45 entdecken. Noch ein paar Kilometer und schon reihen wir uns in die Autoschlange ein.
Erlebnisse auf und neben der Ruta 45
Wir fahren nach Norden. Und jetzt geht es auch recht flott voran. Allerdings nur bis Espinal. Dann stehen wir wegen einer Baustelle im Stau. Dieser wird in Kolumbien von den männlichen Autofahrern gerne zur kollektiven Pinkelpause am Straßenrand genutzt.
Aus dem Nichts tauchen auch immer einige Straßenverkäufer auf, die so alles Mögliche zum Verkauf anzubieten haben. Nicht immer erschließt sich uns, was sie uns denn so verkaufen möchten.
Über die Ruta 40 von der Ost- zur Zentraldordillere
Hinter Espinal verlassen wir die Ruta 45 und biegen auf die Ruta 40 in nordwestliche Richtung ab. Mühsam bringen wir Kilometer um Kilometer inmitten dichten Schwerlastverkehrs hinter uns. Erst kurz vor Ibagué wird die Straße zweispurig und ist in richtig gutem Zustand. Das lässt doch für die verbleibenden 100 km bis Armenia hoffen! Die nehmen wir aber erst übermorgen in Angriff. Für heute endet unsere Fahrt in Ibagué auf 1.290 m Höhe; quasi auf halbem Weg zwischen Ost- und Zentralkordillere.
In Ibagué
In der Zwischenzeit haben wir auch schon wieder über fünf Stunden in unserem mollig warmen Dicken hinter uns, sodass wir uns eine Pause für den Rest des Nachmittags redlich verdient haben. Am Abend genießen wir Cocktails und ein äußerst schmackhaftes Abendessen auf der Terrasse eines Restaurants, das sich gleich gegenüber von unserem Hotel befindet. Als wir uns spaßeshalber in GoogleMaps noch einmal die Route bis Armenia aufrufen, wundern wir uns etwas über die seltsame Routenplanung. Das müssen wir uns morgen nochmal in Ruhe anschauen.
Heute haben wir ja nur eine kurze Etappe vor uns. Das heißt, wir haben Zeit. Zeit, auszuschlafen und uns ein spätes Frühstück schmecken zu lassen. Danach packen wir ganz gemütlich unsere Sachen zusammen und verlassen das auf 442 m Höhe gelegene heiße Neiva. Auf der nahezu parallel zur Ruta 45 verlaufenden Strecke fahren wir erst einmal bis Villavieja. Von dort geht es mitten hinein in die Tatacoa-Wüste. Wobei Wüste ja nicht ganz zutrifft, da es sich um eine Trockensavanne handelt.
Ein paar Impressionnen unserer Fahrt hinein in die Tatacoa-Wüste:
Komfort in der Wüste
Nach knapp zwei Stunden Fahrt erreichen wir unsere Unterkunft mitten im Nirgendwo. Es ist abartig heiß. 36 Grad gefühlt wie 39 Grad und kein Baum, der Schatten spendet. Klimaanlage gibt es in dem einfachen Bungalow natürlich nicht und der Ventilator darf nur von sieben Uhr abends bis 6 Uhr morgens angeschaltet werden. Das heißt, das Blechdach hat das Zimmer schon gut aufgeheizt und es gibt keinen Unterschied zwischen drinnen und draußen. Doch. Es gibt einen Unterschied. Draußen weht wenigstens ein heißer Wind. Im Zimmer dagegen steht die Hitze. Den restlichen Tag verbringen wir deshalb lieber unter dem halbwegs schattigen Vordach des Bungalows und stöhnen unter der Hitze leidend vor uns hin. Ach ja. Insektenschutz an den Fenstern gibt es auch keinen. Unsere Vermieterin meint dazu nur, dass es keine Insekten gibt, vor denen wir geschützt werden müssten.
Sonnenuntergang und danach?
Dafür ist der Sonnenuntergang ein wahres Spektakel. Und danach lässt es sich bei knapp 30 Grad auch wieder etwas besser aushalten.
Allerdings haben wir uns unter dem viel gerühmten Sternenhimmel etwas mehr vorgestellt. Unter diesen Umständen verzichten wir gerne, auf holpriger Schlaglochstrecke zu einer der vier Sternwarten zu fahren.
Die Krönung
Das Abendessen ist dann nochmal so ein Highlight der ganz besonderen Art. Unsere motivationslose Vermieterin hat wohl keine Lust, selbst zu kochen und bestellt das von uns georderte Abendessen bei einem Lieferservice. Wir warten gut eine Stunde und dann wird uns der Styroporbehälter vor die Nase gesetzt. Der Inhalt ist undefinierbar und schmeckt auch so. Aber was verleibt man sich nicht alles so ein, wenn man Hunger hat.