Einmal Colca Canyon und zurück

Terrassen

Gesamte Strecke: Ca. 150 km

Kalte Nächte am Canyon

In Arequipa gingen die Temperaturen nachts gerade mal auf 12 bis 13 Grad zurück. Hier, in der Nähe von Cabanaconde, erfreuen wir uns äußerst frischer 2 bis 3 Grad. Dagegen sollen drei schwere Wolldecken für Wärme sorgen. Auf Baumwolllaken und -überzüge wird gleich ganz verzichtet. Ein Laken aus Fleecedecke sorgt für ein ganz neues – elektrisierendes – Hautgefühl.

Kalter Start

Am Morgen gibt es außerdem kein heißes Wasser. Also fällt heute die Körperpflege im kalten Bad notgedrungen eher kurz aus.
Auch im Restaurant ist es so kühl, dass wir unseren Atem sehen können. Eine Tasse heißen Kaffees wärmt uns langsam von innen. Die Sonne wird im Laufe des Tages sicher noch ihren Teil dazu beitragen.

Warten auf den Kondor

Nach dem Frühstück beziehen wir in der Morgensonne Stellung auf einem der Kondoraussichtspunkte unserer Unterkunft und warten. Warten auf einen Kondor.

Wo ist der Kondor?
Wo ist der Kondor?

Wir können ihn zwar nicht sehen, aber die schöne Aschewolke, die er verbreitet, die können wir sehen. Der Vulkan Sabancaya ist ja auch nicht mal 23 km entfernt. Irgendwas müssen wir ja von ihm mitbekommen, wenn wir ihm schon so nah sind.

Aschegruß vom Sabancaya
Aschegruß vom Sabancaya

Wir warten weiter. Kein Kondor in Sicht.
Dabei müssten sich die stattlichen Vögel doch so langsam mal in die Höhe schrauben. Aber nix passiert. Dafür sehen wir kleinere falkenartige Raubvögel, emsige Kolibris und eine peruanische Hasenmaus.

Peruanische Hasenmaus
Peruanische Hasenmaus

Immer noch kein Kondor in Sicht. Die hängen wahrscheinlich alle faul im Wochenende rum und erholen sich von der Schwerstarbeit, die sie unter der Woche für fotografierwütige Touristen verrichten müssen.
Wir geben auf. Hoffentlich haben wir morgen mehr Glück!

Aparte Form
Aparte Blütenform statt Kondor

Dem Kondor ganz nah

Gerade, als wir uns in unser Zimmer verzogen haben und ich unser Fenster zum Lüften öffne, fliegt eine Kondordame hochkonzentriert unterhalb unseres Fensters vorbei und arbeitet sich ruckzuck nach oben. Tolles Erlebnis für mich, aber leider kein Foto.

Unsere Entscheidung

In Ermangelung sonstiger nicht schweißtreibender Alternativen beschließen wir, mit dem Dicken erst nach Cabanaconde und dann nochmal den Colca Canyon und das Colca Tal entlang bis Chivay zu fahren.

Ein Alpaka wünscht uns gute Fahrt
Ein Alpaka wünscht uns gute Fahrt!

Ansichtssache

Ob jetzt der Colca Canyon der tiefste Canyon ist oder der Grand Canyon in den USA – darüber scheiden sich die Geister. Je nachdem, von welchem Punkt aus gemessen wird, ist es der eine bzw. der andere. Uns ist es soweit egal.

Wunder der Natur

Die 1.200 m, die der Fluss in die Landschaft gegraben hat, zeugen eindrucksvoll von seiner Macht. Verstärkt wird der Eindruck noch durch die teilweise über 5.000 m hohen Berge in der Umgebung.
An die Hänge des Canyons schmiegen sich über 6.000 Terrassenanlagen, die zum Teil noch aus der Präinkazeit stammen. Landwirtschaft dominiert die gesamte Region, auch wenn jetzt gegen Ende der Trockenzeit braun – und nicht grün – die alles beherrschende Farbe ist.

Entlang der Strecke

Auf der Strecke gilt es mehrere Brücken und zwei Tunnels zu passieren. Die Tunnels sind grob aus dem Fels gehauen und völlig unbeleuchtet. Zwei Autos kommen gut aneinander vorbei, jedoch wird’s bei einem der größeren Tourbusse mächtig eng. Wir haben aber jedes Mal Glück und kommen unbeschadet durch.

Über diese Brücke musst du geh'n
Über diese Brücke musst Du geh’n … oder noch besser fahren

Menschliche Siedlungen

Keine der Ortschaften entlang der AR-109 ist in ein Hingucker. In Cabanaconde wird uns die Tür zur Kirche vor der Nase zugeschlagen. Auf dem zentralen Platz wird dem Kondor in Form einer riesigen Statue gehuldigt.

Kondorstatue in Cabanaconde
Kondorstatue in Cabanaconde

Macas zentralen Platz schmücken dagegen farbenprächtige Statuen. Was sie bedeuten, erschließt sich mir nicht.
Nur die Kampfszene zwischen Inkakönig und spanischem Conquistador, etwas abseits des Platzes, verstehe sogar ich.

Blick auf den Sabancaya

Beim Tanken in Chivay sehen wir endlich auch mal, wie der Sabancaya seine Aschewolke in den strahlend blauen Himmel bläst. Leider auch dieses Mal kein Foto.

Hoch hinaus: Über den Patapampa-Pass zum Colca Canyon

Colca-Tal

Gesamte Strecke: Ca. 205 km

Adiós Arequipa!

Nach einer Woche in der weißen Stadt haben wir uns gut an die Höhe gewöhnt. Doch so langsam heißt es Abschied nehmen, denn wir wollen noch höher hinaus.
Der Abschied von den leckeren kleinen Ciabattabrötchen, die es bei der Bäckerei um die Ecke für kleines Geld zu kaufen gab und die uns nach dem schlabberigen Toastbrot der letzten Monate fast wie Manna vorkamen, fällt uns dabei besonders schwer.

Asche überall

Als wir den Dicken von seinem Stellplatz abholen, ist er mit einer sichtbaren Schicht Asche überzogen. Genau derselbe hauchfeine Aschestaub ist uns schon in unserer Unterkunft aufgefallen.
Ich vermute mal, es ist Asche des Vulkans Sabancaya, der seit geraumer Zeit wieder Asche spuckt und dessen Aschewolke sich in südwestliche Richtung – also genau gen Arequipa – bewegt.
Um den Lack nicht unnötig zu verkratzen, lassen wir die Asche da, wo sie ist und hoffen auf den nächsten Regen.

The only way is up …

Kaum haben wir das Autochaos von Arequipa hinter uns gelassen, geht es auf der Ruta 34A nach Norden und richtig knackig bergauf. Die LKWs vor uns kämpfen sich im Schritttempo die Serpentinen hoch. Knut überholt sie spielend, wenn auch nicht immer ganz risikolos.
Die ohnehin schon spärliche Vegetation macht Platz für eine wüstenähnliche Landschaft.
Bald schon spüren wir die Höhe. Wir halten mit Cocatee aus der Thermoskanne dagegen. Der Dicke rußt genüsslich vor sich hin.

Auf der Rut 34A
Auf der Ruta 34A

Durch die Reserva Nacional de Salinas y Aguas Blancas

Die Berghänge sind mit niedrigen gelbbraunen Grasbüscheln bewachsen. Ab und zu kreuzt die Bahnlinie unseren Weg, um sich dann wieder irgendwo im Nichts zu verlieren.
Wir biegen nach links auf die Ruta 1 SE nach Nordwesten ab und sind nun im Altiplano unterwegs.
In sicherer Entfernung vereinzelt stehender Gehöfte zupfen Lamas und Alpakas auch noch die letzten Reste fressbares Gras ab.
In der Pampa de Toccra ziehen Vikunjas durch die Einöde. Also müssen wir in der Zwischenzeit die 4.000-Meter-Grenze überschritten haben. Der Wind pfeift hier kräftig über die Hochebene. Auch Knut wird während seiner Rauchpause ordentlich durchgepustet.

Höchster Punkt

Auf 4.910 m haben wir mit dem Mirador de los Volcanes den höchsten Punkt des Passes erreicht. An manchen Stellen liegt sogar noch ein wenig Schnee. Die Luft ist zwar extrem dünn hier oben, aber man hat einen tollen Ausblick auf die majestätischen 6.000-er Vulkane ringsherum.

Abwärts

Von nun an geht’s die meiste Zeit in steilen Serpentinen durch eine spektakuläre Berglandschaft wieder abwärts bis wir nach insgesamt vier Stunden Fahrt Chivay – das Tor zum Colca Canyon auf 3.635 m – erreichen.
An der Schranke erwerben wir unser Ticket fürs Colca-Tal.

Chivay in Sicht
Chivay in Sicht

Entlang des Río Colca

Die Ruta AR-109 führt uns 55 km oberhalb des Río Colca entlang. Der Fluss hat eine tiefe Schlucht gegraben und die Einblicke von oben in das schmale Flussbett sind unglaublich. Die Sonne steht schon etwas tiefer und taucht Berge und Tal in warmes Spätnachmittagslicht. Und auch hier pfeift der Wind ordentlich durchs Tal. Als wir beide gleichzeitig unsere Autotüren öffnen, zieht es uns fast aus dem Auto.
Auf jeden Fall aber die Straßenkarte, die ich in meiner Seitenablage verstaut hatte. Ich bekomme sie gerade noch rechtzeitig zu fassen bevor sie sich auf den Weg in den Canyon macht. Dafür japse ich jetzt nach Luft. Also ziehe ich mich ins Innere des Dicken zurück. Knut raucht seine Zigarette in geradezu rekordverdächtiger Zeit.

El Cruz del Condor

Knapp eineinhalb Stunden später stehen wir am Kreuz des Kondors auf 3.500 m und halten Ausschau nach … genau: einem Kondor.
Von weitem hatten wir doch schon welche gesehen. Wo sind die denn jetzt? Weit und breit kein Kondor in Sicht. Dann gibt’s eben Fotos von dem, was in der Umgebung so blüht und natürlich vom Kreuz selbst.

Am Ziel

Unweit des Kreuzes des Kondors liegt unsere Unterkunft einsam auf einer Anhöhe (schätzungsweise auf 3.400 m) mit Blick in die Tiefen des Colca-Tals.

Blick vom Mirador
Blick vom Aussichtspunkt in die Tiefen des Colca-Tals

Kaum verschwindet die Sonne hinter einem der vielen Gipfel wird es auch schon zapfig kalt. Heizung gibt es keine im Zimmer. Im Aufenthaltsraum und Restaurant gibt es dafür sogar einen offenen Kamin. Der raucht aber mehr als dass er wärmt. Mit brennenden Augen, umgeben von einer Eukalyptusrauchaura, stolpern wir im Dunkeln den Weg hinters Haus und damit aufs Dach desselben und werden mit dem fantastischen Sternenhimmel der südlichen Hemisphäre belohnt.