Von unserem Werkstattmeister erhielten wir den Tipp, uns unbedingt Villa General Belgrano anzuschauen. Gesagt, getan. Wir machen uns also auf den Weg ins hügelige Hinterland von Córdoba. Von einem Hügel aus haben wir einen schönen Ausblick auf den Lago los Molinos.
Villa General Belgrano
Weiter geht es auf kurvigen Straßen bis wir nach insgesamt ca. 90 km Villa General Belgrano erreichen. Uns bietet sich ein völlig absurdes Bild. Alpenkulisse à la Zillertal statt Gauchoflair. Von Oktoberfest über Schwarzwaldhaus, Münchner Kindl, Bierkrüge in allen Größen mit deutscher Symbolik – kein deutsches Klischee wird ausgelassen! Es ist echt nicht zu fassen. Und hier treiben sich also Touristen aus ganz Argentinien herum und finden’s klasse. Wir scheinen dagegen die einzigen Europäer zu sein, die sich hierher verirrt haben. Wir kehren Wolfi und Kleinem Klaus ohne Wehmut den Rücken und fahren zurück Richtung Córdoba.
Alta Gracia
Ca. 30 km vor Córdoba legen wir noch einen Stopp in Alta Gracia ein. Hier verbrachte Ernesto Che Guevara einige Jahre seiner Kindheit. In dem damaligen Haus, der Villanydia, ist heute ein kleines Museum untergebracht. Mit viel Liebe, Fotos, Erinnerungsstücken und Videomaterial wird hier dem Leben und Wirken des Argentiniers gedacht. Wer wollte das nicht? Im Garten auf einer Bank mit dem Zigarre rauchenden Ché sitzen und ihn aus seinem bewegten Leben erzählen lassen. Gerne hätte ich ihn gefragt, ob er sein Leben noch einmal so hätte leben wollen.
Wir verlassen unseren „Adlerhorst“ im 15. Stock in einem von drei neugebauten Wohntürmen, überqueren den Río Primero und stürzen uns ins Getümmel von Córdoba. Zunächst besichtigen wir die an der zentralen Plaza San Martín gelegene Iglesia Catedral.
Archivo Provincial de la Memoria
Durch die Pasaje de Santa Catalina gelangen wir zum Archivo Provincial de la Memoria. Zur Zeit der Militärdiktatur in Argentinien wurden insbesondere mutmaßliche politische Agitatoren zu Verhören, Folter und Schlimmerem in dieses Gebäude der gefürchteten Geheimdienstabteilung D2 (Dedos, auch spanisch für Finger) gebracht. Das interessante Museum in dem morbiden und verwinkelten Gemäuer lässt die bedrückende Atmosphäre dieser Zeit auch heute noch spürbar werden. Besonders nah gehen mir die Berge akribisch ausgefüllter Aufnahmeakten (jede Zeile ein Schicksal). Nicht weniger bedrückend sind die riesigen Fotos an den Wänden mit Menschen, die bis heute „verschwunden“ sind.
Mittagspause
Nach so schwerer Kost setzen wir uns hinter der Kathedrale auf eine schattige Bank und schauen den Schachspielern zu, wie sie ihre Mittagspause für das eine oder andere Übungsspiel nutzen.
Rund um die Universität
Es ist sonnig und warm heute. Besonders rund um die Universität sind viele junge Leute unterwegs. Manche zielstrebig, vielleicht auf dem Weg zur Vorlesung oder einem Seminar. Wieder andere sitzen in Gruppen an den Tischen im Freien, essen Pizza und diskutieren mit ihren Freunden. Es herrscht die friedliche Atmosphäre der Wissenschaft. Einige Museen rund um das wissenschaftliche Herz der zweitgrößten Stadt Argentiniens sind für alle zugänglich und so können auch wir einen Blick hineinwerfen.
Besonders schön: Die Schautafeln zu den Culturpflanzen in deutscher Sprache.
Manzana Jesuitica
Wirklich beeindruckend ist die UNESCO-Weltkulturerbestätte der Manzana Jesuitica. Am späten Nachmittag öffnet auch noch die Iglesia de la Compañía de Jesús ihre Pforten. Zunächst sehen wir praktisch nichts. Erst als sich unsere Augen an die spärliche Beleuchtung eines kleinen Fensters gewöhnt haben, können wir die Schätze auf der dunklen Holzvertäfelung erkennen. Außerdem ist es richtig kalt im Innern. Was für ein Kontrast zu draußen!
Noch eine Kirche
Vorbei an der Iglesia de Santa Teresa y Convento de Carmelitas Descalzas de San José geht es zurück zur Plaza San Martín.
Kontrastprogramm
In einem riesigen Zelt findet eine Messe zeitgenössischer Kunst statt. Dort werben exaltierte Künstler um die Gunst des schrillen zahlungskräftigen Publikums.
Zum Abschluss
Noch einige Abendimpressionen von unserem Balkon im 15. Stock:
Bevor wir unsere Reise in Richtung Bolivien fortsetzen steht der erste Ölwechsel für unseren Dicken an. Knut hat im Internet bereits einen Nissanhändler ausfindig gemacht und zu dem fahren wir heute (14. August 2019) durch Córdobas dichten Autoverkehr. Wieder müssen wir eine Ehrenrunde drehen bis wir dort ankommen. Mit meinen vorher im Wörterbuch nachgeschauten Fachbegriffen versuche ich zu erklären, was wir möchten. Der Werkstattmeister ist ganz begeistert von unserem Dicken und vom roten Staub von Misiones.
Griff in die Schatzkiste
Leider hat er aber den erforderlichen Ölfilter nicht vorrätig, da unser Patrol kein gängiges Modell in Argentinien ist. Auch ein Anruf bei der großen Nissan-Servicestation bringt kein anderes Ergebnis. Dann greifen wir eben in unsere große Aluschatzkiste und holen den für Notfälle mitgebrachten Ölfilter heraus. Der Auftrag ist notiert, wir können den Dicken gleich da lassen und morgen Nachmittag wieder abholen.
Restrisiko
Mit dem von der Werkstatt für uns telefonisch bestellten Taxi fahren wir zurück zu unserer Unterkunft. Ich bin gespannt, ob das alles so funktioniert, habe ich doch nicht alles verstanden, was der Werkstattmeister zu mir gesagt hat.
Zur Abholung bereit
Am nächsten Tag, also am 15. August 2019, fahren wir mit dem Taxi wieder zur Werkstatt. Unser Dicker sieht nach der Wäsche aus wie neu. Hoffentlich hat das mit dem Ölwechsel auch geklappt.
Da stimmt was nicht
Der Werkstattmeister zerstreut meine Bedenken. Wir bezahlen die Rechnung und wundern uns über den günstigen Betrag. Knut meint, das kann nicht sein. Allein das Öl müsste schon ein Vielfaches kosten. Ich frage nach, ob denn außer dem Filter auch wirklich auch das Öl gewechselt wurde. Ja ja, das könnten wir auf der Rechnung sehen. Ich meine, das können wir nicht und der Betrag kommt uns schon sehr niedrig vor. Er schaut sich die Rechnung an und meint: Sieht so aus, als ob das Öl nicht berechnet wurde.
Alles gut
Nach einer halben Stunde und zwischenzeitlichem Stromausfall halten wir die neue Rechnung mit dem wesentlich höheren, aber immer noch humanen Betrag in Händen und bezahlen sie mit unserer Kreditkarte (die glücklicherweise bei dieser Transaktion auch funktioniert). Die gesamte Werkstatt ist von unserem Dicken und von unserer Tour begeistert und gibt uns noch viele Tipps.
Bis zum nächsten Highlight haben wir nun eine ordentliche Strecke vor uns, die wir in mehrere Etappen aufteilen müssen.
Die erste Etappe: Von Puerto Iguazú bis Posadas
Tag: 9. August 2019 Strecke: Ca. 320 km auf der RN 12
Wir fahren im Regen so vor uns hin. In Jardín América tanken wir wieder. Der freundliche Kioskbesitzer an der Tankstelle erzählt uns voller Stolz, dass er Verwandte in Deutschland hat, die er gerne mal besuchen würde, obwohl er kein Deutsch spricht. Ich bekräftige ihn, dass dies kein Hinderungsgrund für einen Besuch darstellt. Er freut sich.
Bei regnerischem Wetter fahren wir vor uns hin, kämpfen uns durch die Mammutbaustelle auf der RN 12.
Gerade als wir in Posadas angekommen und die Koffer aus dem Auto geladen haben, öffnet der Himmel seine Schleusen und lässt es in einen Wolkenbruch auf uns herabregnen. Bis wir beim Hotel angekommen sind, sind wir gut durchnässt.
In die hoteleigene Garage passt der Dicke wieder mal nicht rein und leider gibt keine bewachte Parkmöglichkeit in der Nähe. Wir haben mehr Glück als Verstand, als vor dem Hotel einer der wenigen Parkplätze frei wird und wir den Dicken dorthin umparken dürfen.
Von unserem Zimmer im 9. Stock (Nummer 911!) können wir auf der anderen Seite des Flusses Encarnación in Paraguay sehen. Wegen des regnerischen Wetters treibt es uns nach einem kurzen Rundgang in der näheren Umgebung des Hotels zurück ins Hotel.
Die zweite Etappe: Von Posadas bis Corrientes
Tag: 10. August 2019 Strecke: 321 km auf der RN 12
Bei der Abfahrt aus Posadas kommen wir immer wieder an einladenden Obst- und Gemüseständen am Straßenrand vorbei, aber wir fahren vorbei, ohne etwas zu kaufen.
Die Fahrt auf der RN 12 verläuft unspektakulär und ohne Zwischenfälle.
Corrientes ist ein nettes kleines Städtchen. Wir schlendern im samstäglichen Nachmittagssonnenschein durch die Straßen.
An der Costanera (Uferpromenade) angelangt, lassen uns von der entspannten Atmosphäre dieses Ortes verzaubern.
Im Park gegenüber unseres Hotels bekommen wir sogar noch ein Live-Konzert zum Nulltarif geboten. Die Musikrichtung ist genau mein Fall. Da muss Knut jetzt durch.
Die dritte Etappe: Von Corrientes nach Reconquista
Tag: 11. August 2019 Strecke: 242 auf den RN 12 und 11
Am Morgen funktioniert beim Bezahlen des Hotels die Kreditkarte nicht mehr. Auch an der Tankstelle wird sie nicht akzeptiert. Wir bezahlen mit der anderen Karte, die wir noch mithaben.
Allerdings grüble ich die ganze Fahrt über, ob die Karte nur gesperrt wurde oder ob sie im schlimmsten Fall ganz defekt ist. Und wie kommen wir dann an eine neue Karte? Und überhaupt.
Die vierte Etappe: Von Reconquista nach Santa Fe
Tag: 12. August 2019 Strecke: 325 km auf der RN 11
Sowohl das Hotel als auch die Tankrechnung können wir wieder mit unserer „normalen“ Kreditkarte bezahlen. Was war das dann gestern?
Die fünfte Etappe: Von Santa Fe nach Córdoba
Tag: 13. August 2019 Strecke: 352 km auf der RN 19
In Santa Fe funktioniert die Karte schon wieder nicht, aber dafür bei der Tankstelle auf der Strecke.
In Córdoba bei unserem Appartement angekommen, das für eine Woche gemietet haben, haben wir wieder das Problem, dass unser Dicker nicht in die Tiefgarage passt. Uns wird empfohlen, bei der Tankstelle ums Eck zu parken. Aber da ist zum einen kein Platz und zum anderen keine Bewachung.
In einem alten Gebäude gegenüber sieht es so aus, als ob Autos parken. Ich gehe mal rüber und frage einfach mal, ob die mir etwas in der Nähe empfehlen können. Ein Wachmann kommt raus, ich erkläre ihm mein Problem und er meint, er gibt mir jetzt die Genehmigung, dass wir im Parkverbot vor dem Gebäude parken dürfen, weil es in der Nähe keine bewachten Parkgaragen gibt – die sind nur im Zentrum. Es sei hier aber sicher. Wie sich herausstellt, ist das Gebäude die Stelle in Córdoba, wo die abgeschleppten Fahrzeuge hingebracht werden. Und auf dem Platz davor rangieren die Abschleppfahrzeuge.