Gesamte Strecke: 203 km
Die Reise geht weiter
Nach Frühstück und Auschecken (ohne funktionierendes Internet gar nicht so einfach) holen wir den Dicken vom bewachten Parkplatz und beladen ihn mit unserem Reisegepäck. Vom Café um die Ecke nehmen wir noch frisches Brot mit. Vielleicht finden wir auf dem Weg ja ein schönes Plätzchen, um Brotzeit zu machen.
Begegnung auf der Stadtautobahn
Noch einmal stürzen wir uns in Limas Straßendschungel und fahren auf der Vía Expresa Richtung Lima Centro. Wie üblich ist die Stadtautobahn total überfüllt – also nix mit Expresa. Der Fahrgast eines Taxis neben uns kurbelt sein Fenster herunter und fragt mit leicht schwäbischem Akzent, ob wir wirklich aus Göppingen kommen. Als wir bejahen, ist er ganz aus dem Häuschen. Er stammt aus Reutlingen (also einem fast angrenzenden Landkreis) und ist total begeistert, was wir hier so machen. Er wünscht uns eine schöne Weiterreise, wir ihm eine gute Zeit in Lima, und schon trennen sich unsere Wege wieder.
Das Grauen hat einen Namen
Google Maps lotst uns so halb durch die Innenstadt. Ich weiß nicht, wo und wie genau. Ich weiß nur: Es ist der reinste Alptraum!
Am heutigen Samstag sind gefühlt alle mit Auto, Mototaxi, Taxi, Colectivo oder Bus unterwegs. LKWs sind natürlich ebenfalls gut vertreten. Die Straßen, auch die mehrspurige Panamericana, sind gut gefüllt bis verstopft. Hier gilt die Hackordnung des größten und stärksten Blechs. Wie gut, dass wir den Dicken haben!
Trotzdem kostet mich diese Fahrt durch Lima bestimmt mehrere Jahre meines Lebens. Beziehungsweise schließe ich mit demselben zwischendurch mehrmals ab.
Nach eineinhalb Stunden nervenaufreibendem Gekurve durch diese Hölle erreichen wir endlich die Stadtgrenze und der Verkehr wird merklich entspannter. Wir fahren gemütlich auf der Panamericana Norte, der 1N nach Norden, die trostlose Küstenwüste rauf und runter. Der berühmt-berüchtigte Küstennebel Garúa zieht auf und verleiht der vermüllten Wüstenweite einen sanfteren, fast mystischen Anstrich.
Mittagspause
Die Panamericana pflügt sich durchs Land. Abfahrten, so wie wir sie kennen, sind rar. Man fährt einfach auf oder ab, da wo man gerade möchte.
Für unsere Brotzeitpause wählen wir aber lieber eine dieser wenigen Abfahrten und landen schnell im Nirgendwo. Wir haben einen Blick aufs Wasser und eine totorabewachsene Bucht. Außer ein paar Hunden und einer Armada hungriger Fliegen will hier niemand was von uns.
Endspurt und Ankunft in Pativilca
Gut gestärkt treten wir den letzten Teil unserer Fahrt nach Pativilca an, das wir am Nachmittag nach insgesamt dreieinhalb Stunden Fahrzeit erreichen. Der Ort ist absolut untouristisch. Mit Mühe haben wir überhaupt ein halbwegs passables Hostal gefunden.
Auf dem Friedhof von Pativilca …
Am frühen Abend treibt uns die Neugier und der Hunger auf die Straße. Wir hören Musik, sehen Blumenverkäuferinnen am Straßenrand. Da müssen wir hin. Im Zentrum des Trubels angekommen, stehen wir vor dem Eingang zum örtlichen Friedhof.
Ach, heute ist ja Allerseelen! Und scheinbar wird das auch in Peru zum Fest für und mit den verblichenen Angehörigen.
Leider schließt der Friedhof bald, aber der örtliche Polizist lässt uns noch rein und begleitet uns gleich auch noch, sammelt dabei die zahlreichen (noch lebenden) Leute vom Gelände ein.
Überall sind Blumen. Eine Kapelle spielt vor den Gräbern, wo gutes Geld und trinkfeste Angehörige auf sie warten. Völlig beeindruckt verlassen wir die Szenerie.
… und drum herum
Knut entdeckt eine kleine Kneipe, die ein paar Tische und Stühle auf die Straße gestellt hat. Er gönnt sich ein Bierchen und ich ein Wasser mit Kohlensäure, das die arme Besitzerin erst einmal im Laden an der Hauptstraße besorgen muss.
Von hier aus haben wir einen guten Blick auf das Treiben rund um den Friedhof. Genau gegenüber verstauen die vier Frauen eines Blumenstandes ihre nicht verkauften Blumen und den Stand in ein Mototaxi. Das jüngste anwesende Familienmitglied, ein Mädchen von etwa fünf Jahren, vertreibt sich die Zeit mit dem Spielen auf der schmutzigen Straße. Die Älteste reinigt die Straße von verwelkten Blüten und sonstigem Unrat – mit bloßen Händen!
Lokale Gastronomie
Da wir uns nicht trauen, die Köstlichkeiten von den Straßenständen zu probieren, landen wir im einzigen geöffneten Restaurant des Ortes. Den Charme einer Garküche versprühend, haben sich dennoch einige Einheimische zum Essen eingefunden. Wir bestellen das, was der Mann am Nebentisch isst und fahren gut damit. Für knapp 20 Soles, gerade mal 5 Euro – für beide zusammen, essen wir uns satt und glücklich.
Dann finden wir auch noch den Grund heraus, warum das Restaurant 24 Stunden am Tag geöffnet ist. Es ist die Anlaufstelle für die Überlandbusse und dadurch sehr gut besucht.