Bevor wir die drittgößte Stadt Perus verlassen müssen wir uns doch auch mal die Innenstadt von Trujillo anschauen. Es gibt zwar nicht besonders viel Sehenswertes, aber die Plaza de Armas sowie die farbenfrohen Kolonialhäuschen rund um dieselbe sind doch ganz schmuck.
Auch die Basilica Catedral hat durchaus einen Blick verdient.
Glücklicher Zufall
Gleich um die Ecke des bewachten Parkplatzes, auf dem wir den Dicken abgestellt haben, bietet jemand medizinische Fußpflege an. Das ist doch tatsächlich die erste Praxis, die wir überhaupt während unserer bisherigen Reise entdecken. Bereits nach kurzer Wartezeit sitzt Knut auch schon auf dem Behandlungsstuhl und lässt sich von fachkundiger Hand seine zarten Füße auf Vordermann bringen.
Am Fuße des Cerro Blanco und damit praktisch vor unserer Haustür liegt ein archäologischer Komplex aus der Mochica-Kultur. Mit der Besichtigung dieser Stätte reisen wir in die Zeit des 1. Jahrhunderts vor bis zum 9. Jahrhundert nach Christus.
Huaca de la Luna
Nachdem wir uns im Museum der Stätte auf eine der ältesten präkolumbianischen Kulturen Perus eingestimmt haben, machen wir uns auf den Weg zur Mondpyramide.
So ca. alle hundert Jahre bauten die Moche auf dem quadratischen Grundriss von 87 Metern ein neuen Tempel über die schon bestehenden. Auf diese Weise entstanden fünf „Stockwerke“ mit insgesamt 21 Metern Höhe, die bereits identifiziert, freigelegt und teilweise restauriert wurden.
Hauptmotiv der mehrfarbigen Wandmalereien stellt die Gottheit der Moche Ai Apaec dar. Aber auch Kriegs- und Opferszenen schmücken schon einmal eine ganze Wand.
Die Mondpyramide diente als religiöses Zentrum. Hier fanden auch die Menschenopfer (oft Krieger, die im Zweikampf unterlegen waren) statt. Allerdings präsentierte der Priester der breiten Masse lediglich das Ergebnis in Form einer mit Blut gefüllten Schale.
Huaca del Sol
Etwa 500 Meter von der Mondpyramide entfernt befindet sich die Sonnenpyramide und damit das politische Verwaltungszentrum. Sie ist noch größer als die Mondpyramide. Ihre Schätze liegen noch unter Tausenden von Adobeziegeln verborgen und warten zu ihrer Hebung weiter auf Geld und Archäologen.
Stadt unter Wüstensand
Zwischen den beiden Pyramiden liegt auch noch eine ganze Stadt versunken im Wüstensand. Auch sie setzt ihren Dornröschenschlaf solange weiter fort bis ihre Geheimnisse bei Ausgrabungen irgendwann in der Zukunft gelüftet werden.
Als Nachfolgevolk der Mochica herrschten die Chimú von 1.000 bis 1.470 bevor ihnen die Inkas buchstäblich das Wasser abgruben und sie so in ihr Reich zwangsintegrierten. Die Chimús herrschten über die trockene Küstenregion von Paramonga bis Tumbes. Ihre Hauptstadt Chan Chan galt zu ihrer Zeit als die größte Stadt in Südamerika . In der 20 qkm großen Stadtanlage lebten während der Blütezeit bis zu 80.000 Menschen. Außerdem ist sie die einzige Stadt, die komplett aus ungebrannten Lehmziegeln erbaut war. Nur gut, dass es in der Küstenwüste so selten regnet. Aber wenn’s mal regnet, dann richtig! Und dann schmelzen die Lehmbauten dahin wie Wachs in der Sonne.
Auf nach Chan Chan
Chan Chan liegt ca. 5 km nordwestlich von Trujillo. Wir nähern uns über die 1N und fahren praktisch durch das ehemalige Stadtgebiet. Trotz mehrerer Hinweisschilder stapelt sich der Müll entlang der Straße und auf dem noch nicht erschlossenen Teil des archäologischen Areals. Derzeit kann von Chan Chan lediglich der Palacio Nik An besichtigt werden. Und allein der ist schon riesig. Mehrere weitere Paläste dieser Größenordnung harren noch im Wüstensand geduldig ihrer Freilegung.
Geführter Rundgang durch Chan Chan
Mit einer exquisiten Führerin erkunden wir die Anlage in brütender Hitze. Auch wenn große Teile des Areals den Regenmassen der vergangenen Jahrhunderte bereits zum Opfer gefallen sind, ist immer noch genug zum Staunen übrig.
Insbesondere die zahlreichen Wandreliefs mit Tierdarstellungen wie Eichhörnchen, Fischen und Vögeln oder auch geometrischen Formen wie Raute und Kreis sind wahre Hingucker. Da die Chimús keine Schablonen verwendeten, sieht jede Form ein kleines bisschen anders aus, aber insgesamt dennoch sehr apart.
Apropos Regen: El Niño ist kein Phänomen der Neuzeit, sondern war damals auch schon bekannt und gefürchtet!
Museo del Sitio Chan Chan
Nur wenige Kilometer von der Ausgabungsstätte entfernt befindet sich das dazu gehörige Museum. Gezeigt werden einige Ausgrabungsgegenstände aus Keramik, Gold und Silber. Besonders gut hat mir das Modell von Chan Chan gefallen, das gleich einen ganzen Raum einnimmt.
Auch die typischen Figuren aus der Chimú-Kultur sind einfach schnuckelig.
Huaca La Esmeralda
War Chan Chan das weltliche Zentrum, so bildete der Smaragdtempel das religiöse Zentrum. Beide wurden auch etwa zur gleichen Zeit gebaut. Umrahmt von den Wohnhäusern Trujillos steht dieses Relikt aus vergangener Zeit und trotzt dem Verfall. Viele der schmucken Reliefs sind bereits vom Regen verwischt. Hier erledigen wir unseren Rundgang in Eigenregie. Teilweise geht es ohne Absicherung über schmale Pfade und steile Treppen. Rechts und/oder links droht der Abgrund. Immer schön auf den Weg konzentrieren, dann geht auch alles gut!
Huaca del Dragón
Der letzte der im Verbundticket enthaltenen Besichtigungspunkte ist die Huaca del Dragón, auch Templo de Arco Iris (Regenbogentempel) genannt. Peruanische Nackthunde bewachen das Areal. Seltsame Tiere.
Wahrscheinlich bereits aus einer frühen Chimú-Periode stammend, ist die genaue Bedeutung dieses Sakralbaus immer noch nicht bekannt. Leider haben auch hier die Verzierungen stark gelitten. Aber dafür haben wir einen tollen Blick über Trujillo, sobald wir die steilen Rampen erst einmal erklommen haben.
Huanchaco
Nach so viel Lehm brauchen unsere Augen Abwechslung, unsere Füße eine Pause und unser Magen Nachschub. Wir fahren deshalb zum Fischerdorf Huanchaco. Dort genießen wir die kühlende Meeresbrise, den Blick auf die Wellen des Pazifiks mit den sich darauf tummelnden Surfern und leckeren Kaffee und Kuchen in einem kleinen Straßencafé. Auch ein Foto der traditionellen Fischerboote, Caballitos de Totora (Schilfrohrpferdchen) genannt, ist noch drin. Allerdings haben wir so unsere Zweifel, dass die Boote auch heute noch benutzt werden, sehen wir doch nur die ganz normalen motorisierten Boote auf dem Wasser herumschippern.
Da das Hostal kein Frühstück anbietet, hatten wir gestern unser Glück im 24-Stunden-Restaurant versucht. Allerdings schafft es unser Magen nicht, sich bereits morgens mit einem normalen peruanischen Frühstück wie Arroz con Pollo (Reis mit Huhn) oder Pescado Frito (Gebratenem Fisch) auseinander zu setzen. Also bestellten wir Café con Leche und Pan con Huevo. Das Eierbrötchen bestand dann aus einem weichen und süßen Hefebrötchen mit fettigem Spiegelei. In der Tasse, die wir bekamen, war nur heiße Milch, sonst nichts. Ich dachte schon, ich hätte falsch bestellt. Doch dann zeigte die Kellnerin auf einen schmutzigen Glasflakon, in der sich ein nicht besonders appettitliches dunkles zähes Etwas befand. Das ist doch der cremige Balsamicoessig! Nein, ist es nicht. Wie sich herausstellte, handelte es sich um konzentrierten Kaffee, den man sich nach Gusto in die Milch kippt.
Bitte nicht nochmal!
Kulinarische Hochgenüsse schmecken definitiv anders und so konnten wir unseren „Herbergsvater“ überreden, uns heute Morgen wenigstens einen Kaffee zuzubereiten. Mit einem Brötchen vom Laden um die Ecke und unseren Essensvorräten aus dem Autokühlschrank bekommen wir auf diese Weise sogar ein ganz passables Frühstück hin. Jetzt kann’s wieder auf große Fahrt gehen!
Auf der Panamericana Norte
Wir benötigen zwar mehrere Anläufe bis wir wieder auf die Panamericana Norte, die 1N, auffahren können, aber als wir es dann endlich geschafft haben, kommen wir gut voran. Vom Auto aus können wir nach wenigen Kilometern die Festungsmauern von Paramonga sehen.
Und dann sind wir auch schon wieder daran vorbei. Weiter geht es durch Wüstenlandschaft, teilweise in Nebel getaucht. Auch den einen oder anderen Blick auf den Pazifik erhaschen wir, sobald wir wieder näher an der Küste sind. Meist fahren wir aber durch scheinbar menschenleere Ödnis. Nur der Müll entlang der Straße ist das einzige Zeugnis menschlicher Existenz.
Die Panamericana führt normalerweise nicht an Dörfern und Städten vorbei, sondern mitten durch. Und damit beginnt jedes Mal aufs Neue der nervenaufreibende Kampf gegen Busse, LKWs, Autos und vor allem diese super gemeinen Mototaxis, die sich überall reinquetschen ohne zu blinken, geschweige denn zu schauen. Abgesehen von der schieren Kilometerzahl hängt das zeitliche Vorankommen also auch immer ganz enorm von der Anzahl der zu durchfahrenden Ortschaften ab.
Unser Abstecher in die Chavín-Kultur
Nach gut zwei Stunden Fahrt zweigen wir von der 1N ab, weil wir uns den Ruinenkomplex von Sechín mit seinen blutrünstigen Steinreliefs anschauen möchten. Die Betonung liegt auf „möchten“. Denn als wir vor dem Eingang stehen, gibt uns ein missmutiger Angestellter einer Security-Firma zu verstehen, dass heute Montag und somit geschlossen ist. Schade aber auch, dass im Reiseführer stand, die Anlage könne täglich besichtigt werden. Nun ja, da kann man nichts machen. Nach einer Rauch- und Pinkelpause fahren wir dann aber doch etwas enttäuscht weiter.
Ungeahntes Hindernis
Die verbleibenden dreieinhalb Stunden durch paradoxerweise sogar abwechslungsreiche Wüstenlandschaft verlaufen ohne nennenswerten Zwischenfälle.
Etwas früher als geplant erreichen wir so bereits am frühen Nachmittag Moche im südöstlichen Speckgürtel von Trujillo. Google Maps führt uns über die schnellste Route und damit vier Kilometer holpriger Sand-Schotter-Schlaglochpiste bis wir vor einer bewachten und verschlossenen Schranke stehen. In der Ferne können wir schon den Cerro Blanco und die Huaca de la Luna, an deren Fuß sich unsere Lodge befindet, sehen. Nur dorthin kommen wir auf diesem Wege nicht. Oder vielleicht doch? Ich erläutere dem Wachmann unsere Situation und der lässt sich daraufhin erweichen und telefoniert mit dem Ingenieur, der am Ende der Straße die andere Schranke betreut. Von ihm bekommt er das OK, der Schlagbaum hebt sich und wir dürfen durchfahren. Dem Ingenieur danken wir mit Handzeichen, als er auch seine Schranke für uns öffnet.
Ankunft in der Lodge
Und bereits wenige Minuten später stehen wir vor dem Tor unserer Lodge. Als sich das Tor öffnet, fahren wir buchstäblich in eine andere Welt hinein. Wie eine Oase mit viel schattenspendenden Bäumen, blühenden Blumen, grünem Rasen – und Pool – ist die Anlage gestaltet. Nach dem Einchecken werden wir zu einem der verstreut angeordneten Bungalows gebracht. Die großzügige Suite, die wir bekommen haben, ist wunderschön. Sogar mit eigenem Whirlpool im Zimmer! Die gemütliche Terrasse wird von Knut zu seinem Dauerrauchplatz auserkoren. Luxus pur, mitten in der Wüste. Und dann auch noch mit Blick auf den imposanten Cerro Blanco!