Von Chiclayo nach Bagua

Gelbgrüne Reisfelder wogen im Wind

Gesamte Strecke: 313 km

Eigentlich

Eigentlich könnten wir jetzt ganz gemütlich die Panamericana Norte immer weiter nach Norden fahren bis wir irgendwann mal an der ecuadorianischen Grenze landen. Aber eigentlich haben wir schon genug vermüllte peruanische Küstenwüste gesehen. Davon brauchen wir eigentlich nicht nochmal 500 Kilometer.
Eigentlich könnten wir doch stattdessen einen Abstecher in die nördlichen Anden und vielleicht sogar noch bis ins Amazonasbecken machen. Zeit hätten wir eigentlich ja auch noch genug. Eigentlich. Warum eigentlich nicht?
Andererseits beginnt jetzt eigentlich so langsam die Regenzeit in den Anden. Aber vielleicht haben wir ja Glück dank El Niño und Klimawandel. Sollen wir es wirklich wagen?

¡Claro que sí!

Natürlich wagen wir es!
Das ist dann Andenquerung Nummer Vier.
Allerdings schaffen wir die komplette Strecke von Chiclayo bis Nuevo Tingo nicht in einem Tag. Dafür gibt es zu viele Kurven und Steigungen bzw. Gefälle auf der Route. Machen wir halt einen Zwischenstopp irgendwo auf der Strecke.
Na dann, auf geht’s in die erste Runde!

Hä?

Wir verlassen Chiclayo auf der LA-111 und der 1N. Im Stau und Gewimmel von Chiclayos Straßen hupt plötzlich mehrmals ein Nissan Pick-Up. Nicht, dass das etwas Besonderes wäre! Aber der Fahrer gestikuliert wild in unsere Richtung und kurbelt dann auch noch die Scheibe runter. Und dann ruft er dauernd was auf Spanisch, aber was nur? Ah, jetzt fällt der Groschen bei uns. “¡Bonito!“ Das ruft er uns die ganze Zeit über zu und meint nicht Knut damit (ihm völlig unbegreiflich!), sondern unseren Dicken! Wir lachen ihm zu, den Daumen nach oben gereckt. Ihn freut’s, uns auch. Weiter geht’s!

Von Chiclayo zur Abra Porcuya

Bis Lambayeque bzw. Túcume kennen wir den Weg auf der 1N ja schon.

Entlang der 1 N Richtung Norden
Entlang der 1 N Richtung Norden

Immer wieder hört zwischendurch mal die Asphaltierung auf und wir rumpeln über Schotterpiste. Wir rumpeln auch über die zahlreichen „Bumps“ in den Ortschaften. Das ist wirklich die einzige Möglichkeit, um die rasenden Peruaner zum Tempodrosseln zu bringen.
Nach und nach werden die vollbeladenen Zuckerrohrtrucks immer weniger und langsam, aber sicher geht’s bergauf.

Vollbeladener Zuckerrohrtruck
Vollbeladener Zuckerrohrtruck

Es wird hügeliger und zunächst auch etwas grüner.

Serpentine um Serpentine kämpfen wir uns nach oben, dann wieder nach unten. Nur um das Spiel beim nächsten Berg von vorne beginnen zu lassen.

Blick auf die Andenkordillere
Blick auf die Andenkordillere

Die Ortschaften werden kleiner. Die Häuser sind schon kriminell nah am Abgrund gebaut. Und der nächste Erdrutsch kommt bestimmt!
Wir fahren weiter, halten uns rechts und setzen unsere Fahrt jetzt auf der 4B fort. Es wird merklich kühler und auch wieder trockener.

Diesen Teil der Strecke haben wir schon geschafft
Diesen Teil der Strecke haben wir schon geschafft!

Nach drei Stunden Fahrzeit, 146 Kilometern gefahrener Strecke und 2.110 überwundenen Höhenmetern erreichen wir den höchsten Punkt der Strecke: Die Abra Porcuya auf 2.137 m.

Der höchste Punkt ist erreicht!
Der höchste Punkt ist erreicht!

Verhalten an Baustellen

Dann geht es auch schon wieder runter. Serpentine um Serpentine. Die kahlen Berge auf der anderen Seite des Tals leuchten in mattem Rostrot.

Berg in mattem Rostrot vor uns
Vor uns: Berg in mattem Rostrot

Im Tal angekommen halten wir uns rechts und biegen auf die 3N. Und plötzlich stehen wir in der Gluthitze unvermittelt vor einem Stoppschild. Bauarbeiten. Wie so oft auf Perus Straßen. Nichts geht mehr. Wir warten … und warten … und warten …. Die Schlange hinter uns wird immer länger.

Aaaah! Auf den peruanischen Autofahrer ist doch wieder mal Verlass. Der letzte in der Reihe – ein Toyota Pick-Up, was sonst – prescht mal wieder in vollem Tempo an allen vorbei auf die Sperre zu. Der vermummte Bauarbeiter lässt ihn sogleich wissen, dass er da jetzt auch nicht durchkommt. Also fährt er rückwärts. Nein, nicht wieder ganz zurück. Vor dem Dicken ist doch noch ein ganz klein wenig Platz. Genau da presst er sich nun rein, steht aber ein gutes Stück auf der Gegenfahrbahn. Egal. Sollen die Anderen doch zusehen, wie sie an ihm vorbeikommen. Hauptsache, er kann als Erster losheizen, wenn’s dann irgendwann mal weitergeht. Und so geschieht es dann nach einer halben Stunden Wartezeit auch.

Auch mal haarscharf am Abgrund vorbei
Peruanische Straßenführung: Auch mal haarscharf am Abgrund vorbei…

Ein Hauch von Amazonas-Feeling

Wir fahren auf der 3N weiter entlang der Schlucht, die der Río Marañón (der größere der beiden Quellflüsse des Amazonas) in die Anden gefräst hat. Mal fließt der Fluss rechts, mal links von uns.

Entlang seines Ufers wogen die Reispflanzen im Wind. Das satte Gelbgrün bildet einen schönen Kontrast zum Rotgrün der Berge.

Windschutz, Reisfeld und Berg
Windschutz, Reisfeld und Berg

Es ist merklich wärmer – und feuchter – geworden. An den Straßenständen werden jetzt Kaffee, Kakao und Schokolade angeboten. In und um die Ortschaften stehen stattliche schattenspendende Mangobäume. Da hängen sogar kleine Mangos dran!
Wir halten uns rechts und landen damit auf der 5N. Bald schon beginnt die Provinz Bagua und damit eine der Amazonas-Provinzen Perus. Ja, wir spüren es auch ganz deutlich: Es ist über 30 Grad heiß bei einer Luftfeuchtigkeit von so um die 90%. Im Dicken haben wir die 40 Grad auch mal wieder geknackt.

Ankunft in Bagua

Nach insgesamt fast sechs Stunden im mollig warmen Auto erreichen wir die Provinzhauptstadt Bagua. Sie ist Teil des Amazonasbeckens und liegt auf etwa 430 m. Es ist logischerweise immer noch schwül-heiß und daran wird sich auch während unseres kurzen Aufenthalts nicht viel ändern. Glücklicherweise verfügt unser Zimmer über eine Klimaanlage und einen Ventilator. Sonst wäre es echt nicht auszuhalten!

In Bagua

Bagua ist vom Tourismus noch nicht entdeckt worden, hat aber auch nicht wirklich etwas für den mitteleuropäischen Touristen zu bieten. Zumindest haben wir auf unserem kurzen Rundgang am frühen Abend und damit bei Dunkelheit nichts entdeckt. Selbst die örtliche Kirche ist eher ein bescheidenes Exemplar sakraler Baukunst.

Kirche von Bagua
Die Kirche von Bagua – vom Hotelzimmer gesehen

Was die Gastronomie betrifft, so gibt es entweder die obligatorischen Hähnchenbratereien oder Schnellrestaurants mit peruanischer Küche. Als wir schon aufgeben und hungrig den Rückweg ins Hotel antreten, entdecken wir doch noch eine Resto-Bar in einer spärlich beleuchteten Straße. Das Essen ist gut und reichlich, auch wenn die Farbe von Knuts Essen gewöhnungsbedürftig ist.

Yummy, yummy!
Yummy, yummy!

Und aus meiner Speisekarte flüchtet eine kleine Kakerlake unter die Tischdecke, als ich die Karte öffne. Na ja, in heißen Gegenden, konkret bei 29 Grad um 20 Uhr abends, kann das schon mal vorkommen!