Heute macht der seit Montag ununterbrochen anhaltende Regen am Nachmittag eine kurze Pause. Diese nutzen wir und statten den Termas de Ayui einen Besuch ab. Wir mieten Handtücher. Auf Bademäntel verzichten wir, zumal sie ohnehin keine so großen, wie wir brauchten, da hätten. Schließfächer gibt es keine. Also müssen wir eine Auge haben, wenn wir uns im warmen Wasser aufwärmen.
Es gibt verschiedene Becken, die von 36 bis 42 Grad warm sind. Wir probieren alle bis auf das heißeste – das ist definitiv zu warm. In einem der Becken kommen wir mit einem argentinischen Ehepaar ins Gespräch. Sehr angenehm und unterhaltsam. Kurz vor Sonnenuntergang packen wir unsere Sachen zusammen. Ich habe Glück: Meine Dusche wird nach gefühlten Lichtjahren auch mal warm, sodass ich auch duschen kann. Knut erzählt mir später, dass seine Dusche immer nur kaltes Wasser herausgerückt hat.
Nachdem ich jetzt zwei Tage an dem fehlerhaften Zolldokument herumnage, beschließe ich bei unserem Zollagenten in Uruguay nachzufragen, was er davon hält. Er meint auch, dass wir das Dokument ändern lassen sollen. Da wir keine fünf km von der Grenze unser Quartier bezogen haben, fahren wir heute nochmal an die Grenze.
Ein Missverständnis und ein neuer Anlauf
Ein Mann hält uns auf. Wir denken zunächst, es ist irgend ein Schlepper (aber wofür?), aber er folgt uns weiter zum Zollbüro. Ein etwas genauerer Blick auf die Kleidung macht deutlich, dass es sich um einen Zöllner handelt. Ich erkläre ihm also unsere Situation und unsere Sorge, dass wir vielleicht wegen der Abweichungen Probleme auf unserer Reise durch Argentinien bekommen können. Er nickt, nimmt das Dokument, den internationalen Fahrzeugschein und meinen Pass. Dann tippt er eine ganze Weile. In der Zwischenzeit kommt die Zöllnerin vom Sonntag und ist ganz erstaunt, warum wir schon wieder hier sind, trollt sich dann aber auch recht schnell wieder.
Neue Papiere und eine Überraschung
Nach einer knappen halben Stunde kommt der Zöllner wieder an den Tresen und überreicht mir ein neues Dokument. Jetzt ist nur noch mein Zweitname falsch. Den korrigiere ich und der Zöllner macht seinen Stempel drauf. Ich bin erleichtert und bedanke mich bei dem Zöllner. Und jetzt passiert’s: Er entschuldigt sich für die Unannehmlichkeiten, die wir wegen des fehlerhaften Dokumentes hatten! Ich kann’s echt nicht glauben. So was habe ich in über 10 Jahren Erfahrung mit bayrischen Zöllnern noch NIE erlebt: Eine Entschuldigung!
In der Nacht kommt das vorhergesagte Gewitter mit Wind, Regen und dem von uns befürchteten Temperatursturz. Am Morgen sind es nur noch 14 statt der herrlichen 28 Grad. Dazu Regen und Wind. Willkommen zurück in Südamerikas Winter! Da die Wettervorhersage auch für die nächsten Tage keine Besserung verheißt, können wir jetzt in aller Ruhe den Blog in Angriff nehmen.
Neue Route
Außerdem können wir die Route für Nordargentinien planen. Eigentlich wollten wir ja über Paraguay nach Bolivien reisen, aber während unseres Aufenthaltes in Uruguay wurde uns klar, dass die Variante über Argentinien wahrscheinlich mehr interessante Stationen aufzuwarten hat als über Paraguay. Vielleicht tun wir dem Land unrecht, haben wir Paraguay doch noch nie bereist.
Nun haben wir uns aber eben zugunsten von Argentinien entschieden. Vielleicht mag auch eine Rolle gespielt haben, dass wir uns so einen Grenzübertritt sparen, gibt es doch keine direkte Verbindung zwischen Uruguay und Paraguay. Wir hätten also sowieso entweder über Argentinien oder Brasilien (was für mich zum jetzigen Zeitpunkt so gar keine Option darstellt) reisen müssen. Eine erste Lektüre des Argentinienreiseführers bekräftigt uns in unserer Entscheidung. Nun denn, ran an die Feinplanung!
Gesamte Strecke: Ca. 40 km von Salto (Uruguay) bis Concordia (Argentinien)
Aufgeregt
Heute ist es also soweit: Der erste Grenzübertritt mit dem Dicken steht an. Ich bin schon am Morgen ganz aufgeregt. Nach einem weiteren opulenten Frühstück brechen wir auf.
Wo ist die uruguayische Grenze?
Wir müssen über die Brücke des Salto Grande, des Staudamms, der Uruguay mit Argentinien verbindet. Als wir die Brücke erreichen, ist von einer Zollstelle weit und breit nichts zu sehen. Wir fahren weiter und kommen an eine Grenzanlage, die völlig verlassen ist außer ein paar Leuten, die den Rasen mähen. Das Auto vor uns hält. Wir halten auch. Der Fahrer des Autos und ich marschieren Richtung Menschengruppe. Einer der Leute schlürft seinen Mate und weiß wohl schon, welche Frage jetzt kommt. So antwortet er denn auch gleich, dass hier nichts mehr ist, wir sollen ruhig weiterfahren, dann kommen Aduana und Migración. Wir fahren also weiter.
Grenzformalitäten – Teil 1: Migración Uruguay und Argentinien Aduana Uruguay
Plötzlich die argentinische Flagge und ein Schild „Bienvenidos in Argentina“. Na super. Nach einigen Kilometern kommt dann eine Grenzanlage. Alle Fahrzeuge vor uns halten und steigen aus. Wir auch. Wir reihen uns in die Schlange ein.
Als wir dran sind, frage ich nach Zoll und Migración von Uruguay. Die Dame am Schalter in einem Poloshirt mit Logo „Republica Argentina“ meint, die Migración sei hier, der Zoll sei auf der anderen Seite des Schalters (also da, wo sich Menschenmassen tummeln und mit großen Lettern steht: Argentina – Uruguay). Ich zeige ihr unsere Pässe und das Zolldokument für den Dicken. Sie prüft alles und wir bekommen einen Einreisestempel für Argentinien in unseren Pass. Das Zolldokument behält sie und meint, sie gibt es den Kollegen vom Zoll.
Mit einem kleinen Fresszettel, der den Stempel von Argentinien und das KFZ-Kennzeichen vom Dicken trägt, gibt sie uns unsere Pässe zurück. Sie sagt dann noch, der argentinische Zoll befindet sich gegenüber.
Grenzformalitäten – Teil 2: Aduana Argentinien
Wir überqueren eine Fahrspur. Dort sitzen vier Personen. Ich bringe mein Anliegen in spanisch vor: Wir möchten gerne eine temporäre Einfuhr für unser Fahrzeug beantragen. Alle lachen freundlich, sind begeistert von meinem Spanisch und meinen, hier seien wir genau richtig. Eine Zöllnerin bittet uns, ihr ins Büro zu folgen.
Wir zücken unsere Pässe und den Fahrzeugschein. Sie setzt sich an den Computer und tippt, meint zwischendurch, dass es etwas dauert, weil es der erste Eintrag ist. Nach einer Weile hält sie zwei Ausdrucke in der Hand und bittet um zwei Unterschriften. Ich bin so happy, dass ich einfach unterschreibe. Ein Exemplar ist für mich, das andere bleibt beim Zoll. Wenn wir aus Argentinien ausreisen, sollen wir das Dokument unbedingt wieder abgeben. Mit einem freundlichen Lächeln händigt sie uns alle Papiere aus.
Ich frage sie, ob sie weiß, warum wir keinen Ausreisestempel von Uruguay bekommen haben, sondern nur einen Einreisestempel für Argentinien. Sie antwortet, dadurch, dass es sich um eine kombinierte Zollstelle von Uruguay und Argentinien handelt, würde der Einreisestempel auch belegen, dass wir aus Uruguay ausgereist sind. Ich bin beruhigt.
Fahrzeugkontrolle
Wir fahren zur geforderten Fahrspur. Dort werden wir nochmals gebeten zu halten, weil sie das Fahrzeug inspizieren möchten. Die Kontrolle fällt relativ oberflächlich aus. Schon bald können wir passieren.
Buenos Días Argentina!
An der letzten Stelle stehen nochmals zwei Grenzpolizisten, die den kleinen Fresszettel von uns möchten. Wir geben ihn ab und mit einem „Bienvenidos in Argentina“ haben wir die Grenzformalitäten hinter uns.
Neuorientierung in Concordia
Überglücklich fahren wir weiter nach Concordia. Erst einmal zur Bank, um Geld abzuheben. Hier bekommen wir ohne Probleme mehr als die aus Buenos Aires im Gedächtnis gebliebenen 2000 Pesos. Dann noch zum Einkaufen im riesigen Carrefour. Da gibt’s wirklich alles.
Wir decken uns ordentlich für unseren Aufenthalt in der Einöde ein. Für unser Ziel müssen wir Google zu Hilfe nehmen, da sich unser Navi verabschiedet hat. Ohne Probleme finden wir unser Domizil am See. Es ist hochsommerlich warm bei 28 Grad und Sonnenschein.
Ankunft im Haus am See
Wir klingeln am Laden und ein junger Mann kommt heraus und weist uns in das Häuschen ein. Als Knut rückwärts den Dicken in die Einfahrt parken möchten, kracht es plötzlich. Aber da war doch gar nichts. Ich bitte, ihn nochmal vor zu fahren und da sehen wir, dass über dem Tor noch ein Draht gespannt ist. Der ist zu niedrig. Da kommen wir mit dem Dachzelt nicht darunter durch. Der junge Mann muss das Krachen wohl auch gehört haben und eilt nochmal zu uns. Er hat die Zange schon in der Hand und löst den Draht. Jetzt können wir reinfahren.
Es ist herrlich warm und wir genießen es, hinter dem Haus draußen zu sitzen. In der Dämmerung werde ich allerdings innerhalb kürzester Zeit an Beinen und Füßen trotz Kleidung und Moskitosocken komplett zerstochen. Nach einer Extraration DEET hört das Drama dann aber auch auf. Ich bin soooo zufrieden!
Böses Erwachen am Abend
Bis Knut sich das Zolldokument nochmal genauer anschaut und plötzlich fragt: „was heißt denn Paises Bajos?“ „Niederlande. Wieso?“ „Weil das in unserem Dokument hinter Nacionalidad steht.“ Mist, dabei hatte ich doch mehrmals gesagt, wir seien Deutsche. Warum habe ich trotz der Aufregung nicht genauer kontrolliert? Das soll mir eine Lehre sein. Und jetzt? Knut sieht das gelassen. Wir lassen das jetzt auf uns zukommen und machen da nichts mehr. Hauptsache Namen, Passnummern, Kennzeichen und Fahrgestellnummer stimmen. Ich habe ein ungutes Gefühl. Wenn das mal gutgeht und wir damit keine Probleme bei der Ausreise bekommen. In ungefähr vier Wochen werden wir Gewissheit haben.