Warten auf den Zug
Nach einem mittelmäßigen Frühstück schlendern wir gemütlich zum nahe gelegenen Bahnhof des Städtchens.
Dort warten bisher nur wenige Passagiere auf den Zug. Nach und nach füllt sich der Bahnsteig jedoch mit Touristen. Fast nur Ausländer, denn die meisten Ecuadorianer können sich die Zugfahrt nicht leisten und fahren deshalb mit dem Bus.
In den Startlöchern
Mit einem Pfeifen in der Ferne kündigt der Zug seine Rückkehr von der 8:00 h-Tour an.
Jetzt kommt Bewegung in die Menge auf dem Bahnsteig. Jeder bringt sich an seinem ausgeschilderten Zustiegspunkt in Stellung. Nachdem die Fahrgäste ausgestiegen sind und die Abteile grob gereinigt wurden, heißt es für uns Tickets bereithalten und: „Einsteigen bitte!“
Falsche Seite
Beim Kauf der Tickets in Guayaquil wurden uns Plätze zugewiesen. Wie sich jetzt herausstellt, befinden sich diese auf der linken Seite. Und das ist leider die Seite mit dem unattraktiven „Bergblick“. Den spektakulären „Talblick“ hat man nur auf der rechten Seite und da ist natürlich kein einziger Platz mehr frei. Außerdem sitzen wir auf der Sonnenseite. Und die brennt ganz ordentlich durch die Scheiben.
Los geht’s!
Mit einem „Puu-puuh, Chuku-chuku,Puu-puuh“ (so stand das gestern Abend auf der Speisekarte eines sehr empfehlenswerten Restaurants gleich neben dem Bahnhof) setzt sich der Zug ganz gemächlich in Bewegung. Vorbei an den bunten Häuschen von Alausí rumpeln wir aus dem Ort. Mit einem Blick auf die kahlbraune Bergkulisse der Anden geht es von 2.356 m nun erst einmal immer abwärts.
Durch saftig-grünes Weideland und duftenden Eukalyptus am Ufer des Río Chanchán geht es um die Kurve.
Streckenführung
In nicht mal 13 Kilometern werden über 500 Höhenmeter bis Sibambe auf 1.806 m überwunden. Um dies zu bewerkstelligen, führt die Strecke manchmal fast senkrecht übereinander im Zickzack den Berg hinab (und dann natürlich auch wieder hinauf). Höchste Präzision ist hier gefordert; für den Lokführer, den Assistenten und insbesondere den „Frenero“, den Bremser.
Wir bekommen davon allerdings nicht besonders viel mit. Nur dass das Umstellen der Weiche in der jeweiligen Spitzkehre seine Zeit dauert.
Fotostopp
Nach einer knappen halben Stunde sind wir unten angekommen. Der Zug hält jetzt auf freier Strecke und spuckt seinen Inhalt – also uns Touristen – aus. Der Stopp wurde nicht einfach willkürlich gewählt. Denn von hier aus hat man einen grandiosen Blick auf den Berg, den wir gerade hinuntergetuckert sind und der der Strecke seinen Namen verlieh: Nariz del Diablo – Teufelsnase.
Nach dem obligatorischen Foto geht es zurück in den Zug und das letzte kurze Stück weiter bis Sibambe.
Folkore in Sibambe
In Sibambe werden wir schon von der ortsansässigen Tanzgruppe erwartet. In farbenprächtige Kostüme gekleidet bemühen sie sich redlich, den Touristen ecuadorianische Kultur näher zu bringen.
Nach der ersten Darbietungsrunde gönnen wir uns eine Stärkung im Bahnhofscafé.
Dann gibt es nochmal eine Runde folkloristischer Tänze. Zum Abschluss wird auch das Publikum einbezogen.
Nach fast zwei Stunden Aufenthalt in Sibambe besteigen wir den Zug, um die ganze Strecke bis Alausí, nun in umgekehrter Richtung, zurückzufahren. Wieder bzw. immer noch sitzen wir auf der linken Seite und bekommen wieder nicht wirklich viel von den atemberaubenden Ausblicken ins Tal zu sehen.
Bleibt uns nur der Blick nach hinten. Der ist aber auch ganz nett. Und in einer halben Stunde hat das ganze Spektakel ja auch ein Ende.
Zurück in Alausí
Wieder in Alausí angekommen, fragen wir uns schon, was an der berühmtesten Zugfahrt Ecuadors nun so besonders gewesen sein soll. Vielleicht hätte ein Platz auf der rechten Seite für mehr Begeisterung gesorgt. Unsere hält sich jedenfalls sehr in Grenzen.
Auf dem Rückweg zum Hotel machen wir noch einen Abstecher in die Markthalle von Alausí. Der Sonntagsmarkt neigt sich so langsam seinem Ende zu. So manche Marktfrau ist bereits müde von einem langen Markttag.
Aber das farbenfrohe und liebevoll drapierte Obst und Gemüse bringt unsere Augen immer wieder zum Leuchten.