Quebrada de los Cuervos

Quebrada de los Cuervos

Gesamte Strecke: Ca. 60 km von der Estancia zur Schlucht und wieder zurück; 3 km Rundwanderung in der Schlucht

Auf zur Rabenschlucht

Nach unserem Frühstück brechen wir mit dem Auto zur Quebrada de los Cuervos, der Rabenschlucht, auf. Also durch vier Gatter wieder zurück, dann auf die Ruta 8 und dann zwischen km 307 und 306 beim Hinweisschild von der Ruta 8 auf die Sandpiste abbiegen. Nach 24 km soll die Einfahrt zum Park kommen. Auf dem Weg dorthin sehen wir grasende Kühe, Pferde, Schafe und Nandus.

Nach 27 km stehen wir vor einer undefinierbaren Weggabelung. Ein Schild zur Schlucht deutet in die Richtung, aus der wir gekommen sind. Das kann doch gar nicht sein!
Also lassen wir uns nicht beirren und fahren einfach weiter. Ein einsames Gehöft und eine verwaiste Schule weiter, also ungefähr drei km, kommen uns doch Zweifel. Bei der nächsten Abzweigung drehen wir um und müssen jetzt erst einmal ein paar Rinder, die meinen gerade jetzt ihre Weidegründe wechseln und dafür am besten die Straße nutzen zu müssen, vorbeiziehen lassen.

Quebrada de los Cuervos Fahrt
Rindwechsel

Tatsächlich finden wir nach sechs km auch prompt die Einfahrt zum Park. Da sind wir vorher wohl etwas zu flott daran vorbeigebrettert.

Eine Entscheidung mit ungeahnten Folgen

Nach der Registrierung beim Parkwächter erhalten wir von demselben zwei Vorschläge für eine Erkundung des Parks. Entweder 500 m bis zum Aussichtspunkt über die Schlucht oder ein drei km langer Rundweg mit einer Gehzeit von zwei Stunden. Beim Rundweg sollen wir etwas achtgeben. Wegen des Regens gestern könnte der Weg etwas rutschig sein. Mit dem Auto dürfen wir noch einmal zwei km bis zum zweiten Parkplatz fahren. Voll motiviert wie wir sind, entscheiden wir uns für den Rundweg.

Quebrada de los Cuervos Tafel
Wanderwege in der Rabenschlucht

Zur Einstimmung: Es geht aufwärts

Der Weg führt über Stock und Stein durch Flechten behangenen und mit sattem grünen Moos überzogenen Wald zunächst sanft bergan. Über mehrere schmale Wasserläufe führen uns kleine Holzbrücken immer weiter nach oben. Nach der letzten Brücke kommt der erste knackige Anstieg. Obwohl es bewölkt und feuchtkühl ist, kommen wir ganz schön ins Schwitzen und sind echt froh, als wir diese Hürde genommen haben.

Abstieg in die Schlucht

Jetzt geht es erst einmal eine Weile fast eben durch knapp mannshohe Sträucher und Bäume. Von hier hat man einen guten Blick auf die felsendurchzogenen kargen grasbewachsenen Hügelketten. Wasserrauschen kommt immer näher und plötzlich führt der schmale Pfad an dicken Seilen entlang steil nach unten. Die spitzen Steine und Felsbrocken, die den Abstieg bilden, sind wegen der Feuchtigkeit echt nicht ohne. An manchen Stellen kommen wir dem tosenden Abgrund schon gefährlich nah. Das war also mit peñasco (Berggrat) gemeint. Ich bin echt erleichtert, als wir heil unten beim Flusslauf angekommen sind. Ab jetzt geht’s ganz gemütlich am Wasserlauf entlang.

Überraschungen

Doch schon nach wenigen hundert Metern zeigt der Wegweiser nach rechts ins Flussbett. Ok, aber da ist doch gar kein Weiterkommen und ein Weg ist da auch nicht zu erkennen. Dafür viel schnell fließendes und an manchen Stellen ordentlich tiefes Wasser. Das soll wohl ein Scherz sein! Da kommen wir nie und nimmer durch!

Knut schlägt vor, dass wir das Flussbett verlassen und es den etwas oberhalb im Wald verlaufenden und eigentlich gesperrten Weg mal versuchen. Dieser Vorschlag erweist sich als rettende Lösung, kreuzt auch schon bald der vermeintliche Weg durchs Flussbett diesen Weg.

Quebrada de los Cuervos Fluss
Trügerische Idylle

Nach ein paar Metern müssen wir einen schmalen Bachlauf – dieses Mal ohne Brücke – überqueren. Ich komme trockenen Fußes und unversehrt auf der anderen Seite an. Knut hat etwas weniger Glück und stößt sich Stirn, Augenlid und Wange an einem spitzen tiefhängenden Ast. Blut fließt. Aber nach einer kurzen Pause geht es auch schon weiter.

Knut schwer verletzt …

Wenn ich ein Gemslein wär‘ …

Und ab jetzt – wir haben wohl die Mündung der Schlucht erreicht – geht es nur noch bergauf. Aber wie! Wir müssen uns an Seilen über Steine und Felsen hochziehen. Dann wieder über Felsgrate krabbeln. Das Ganze gleicht mehr einem Klettersteig als einem Wanderweg. Und ich bin definitiv keine Bergziege! Bald schon merke ich, wie anstrengend und kräftezehrend diese Art von Aufstieg ist und ein Ende ist noch lange nicht in Sicht. Immer wieder müssen wir eine Pause einlegen und verschnaufen. Und das letzte Stück ist die Krönung und nochmal besonders steil. Noch einmal in einer letzten Kraftanstrengung am Seil hochziehen, dann stehen wir völlig außer Atem auf der hölzernen Aussichtsplattform.

Quebrada de los Cuervos Abstieg
Der letzte Aufstieg – von oben gesehen

Und jetzt ist mir auch klar, warum man den Weg nicht in umgekehrter Richtung gehen kann.

No bajar
Wohl wahr!

Am Ende

Die Aussicht von der Plattform ist grandios!

Quebrada de los Cuervos

Aber wo sind denn bitteschön die Raben, die hier sein sollen und der Schlucht ihren Namen verliehen haben? Nichts zu sehen. So wie übrigens während der ganzen letzten zweieinhalb Stunden kein Tier zu sehen oder zu hören war. Und Menschen sind uns auch keine begegnet.

Nach einer angemessenen Pause nehmen wir die letzten 500 m in Angriff.
Geschafft! Wir sind zurück am Auto und am Ende unserer Kräfte.

Wenn ich resümiere: Jedes Mal, wenn ich dachte, wir hätten den schlimmsten Teil der Strecke hinter uns, kam immer noch ein größeres Schmankerl daher. Wenn ich vorher gewusst hätte, was da auf uns zukommt, hätte ich wahrscheinlich nur die 500 Metertour machen wollen, aber jetzt bin ich total stolz auf uns, dass wir die ganze Tour geschafft haben.

Zurück an der Parkstation melden wir uns kurz beim Parkranger ab. Ich sage ihm, dass es der Weg ganz schön in sich hat. Er stimmt mir mit einem Nicken zu.
Als wir zurückfahren, kreisen zwei Raben, wie um uns zu verhöhnen, über einem Tal in sicherer Entfernung vor uns.

Schöner Abschluss

Nach einer heißen Dusche verbringen wir den restlichen Nachmittag wieder auf dem Sofa vor dem offenen Kamin, in dem ein warmes Feuer herrlich vor sich hin knistert.
Zum Abendessen gibt es heute Linseneintopf mit Kürbis, Karotten, Kartoffeln, Rindfleisch und Chorizo. Das schmeckt total lecker und nach der eher gemüsearmen Kost der letzten Wochen und unserer anstrengenden Wanderung ein wahrer Hochgenuss. Wir verputzen den gesamten Inhalt unseres Tellers bis auf den letzten Rest.

Ins Landesinnere: Von Punta del Diablo zur Quebrada de los Cuervos mit Zwischenstopp in Treinta y Tres

Landschaft

Gesamte Strecke: ca. 200 km

Bei Wind und Wetter

Am frühen Morgen setzt der für die Nacht angekündigte Regen ein. Es regnet immer noch, als wir aufstehen und uns reisefertig machen. Nach Frühstück und Auschecken erwischen wir einige regenfreie Minuten, um den Dicken zu beladen. Grau und trist hängen die Wolken heute ganz besonders tief.

Auf und neben der Piste

Nach wenigen Kilometern biegen wir links ab auf die Ruta 14, die schon bald danach in eine Sandpiste übergeht. Auf der schnurgeraden Straße rumpeln wir zielsicher ins Landesinnere.

Fahrpause auf der Sandpiste
Pause bei Wind und Wetter – irgendwo auf der Ruta 14

So weit das Auge reicht: leicht hügeliges Weideland in grün und braun, unterbrochen von einzelnen Palmen und Eukalyptusbäumen. Die Pfosten der Zäune sind mit Moosen und Flechten bewachsen. Auf den Wiesen steht an einigen Stellen das Wasser, wenn nicht ohnehin schon ein kleiner Teich oder ein träges Flüsschen hier seinen angestammten Platz hat.

Teilweise stehen die grasenden Kühe bis zum Bauch im Wasser und könnten jedem Wasserbüffel Konkurrenz machen. Es scheint sie nicht weiter zu kümmern. Störche und Reiher staken durch die Pfützen. Auch ein paar Nandus sind unterwegs. Selbst die Schafe sind hier grau, als ob ihr Wollpelz mit Flechten durchzogen wäre.

Immer weiter

Es fängt schon wieder an zu regnen. Nach einiger Zeit blitzt und donnert es auch um uns herum. Die Straße wird immer wilder und holpriger. Häuser und sonstige menschliche Behausungen sind seltene Ausnahmen. Nach knapp über 50 km Schotterpiste erreichen wir Lasconas. Als wir an der Tankstelle im Ort haltmachen und aussteigen, stellen wir fest, dass unser Dicker ganz schön rostrot gesprenkelt und richtig schön versifft aussieht.

An der Tankstelle selbst bekommen wir nur den schwefelhaltigeren Diesel; den anderen haben sie gerade nicht. Sicherheitshalber tanken wir mal nur 20 Liter. Während der Diesel in unseren Tank fließt, kommen wir mit den Tankwarten ins Gespräch und bevor wir weiterfahren frage ich, ob die Straße so abenteuerlich bleibt. Nein, nein, ab jetzt ist sie asphaltiert. Abgesehen von zahlreichen „schlagenden Löchern“ stimmt das auch.

In Treinta y Tres

Weitere 80 km später erreichen wir Treinta y Tres. In der Zwischenzeit sind wir fast drei Stunden unterwegs und der kleine Hunger zwischendurch meldet sich ganz sachte. Wir beschließen, im Zentrum eine Pause zu machen und eine Kleinigkeit zu essen. Der Ort findet nicht einmal eine kurze Erwähnung im Reiseführer und bald ist auch klar, warum. Es ist einfach eine Ansammlung von Häusern ohne architektonische Highlights.

Treinta y Tres Gemüseladen
Highlight in Treinta y Tres: Eine Auswahl an Süßkartoffeln

In einer Bäckerei kaufen wir bei einer super missmutigen Verkäuferin zwei Milanesas al Pan. Obwohl zwei Tische mit Stühlen im Verkaufsraum stehen, macht die Verkäuferin nicht den Eindruck, als ob sie uns hier willkommen heißen möchte. Dann essen wir eben kurz im Auto. Kaum sind wir eingestiegen, wird es draußen plötzlich immer dunkler. So dunkel, dass um die Mittagszeit die Straßenbeleuchtung angeht. Dann ein Blitz und ein Donner und es fängt an zu schütten und zu hageln.

Treinta y Tres Hagel
Hagel prasselt auf den Dicken

Binnen weniger Minuten ist unsere Parkbucht geflutet. So viel wie von oben runterkommt, kann der Abfluss gar nicht aufnehmen. Dazu die Hagelkörner, die sich auf dem Gehweg stapeln und wir im Auto mittendrin im Getöse. Bevor wir noch absaufen, fahren wir doch lieber weiter. Kaum haben wir die Stadt verlassen, hat der Spuk auch schon ein Ende und es klart auf.

Stilecht auf einer Estancia logieren

Nach weiteren 60 km kommen wir an die Abzweigung zu unserer heutigen Unterkunft: einer Estancia mit Weideland und Pinienbestand. Nach drei km und ebenso vielen Gattern stehen wir vor dem stattlichen Gebäude mit eigenem Turm. Ich schlage die Glocke am Eingangstor und schon eilt uns der Hausherr entgegen. Nach einem Rundgang durchs Haus und Beziehen unseres Zimmers machen wir es uns mit einer Tasse Kaffee am Kaminfeuer bequem.

Draußen ist es immer noch ungemütlich, aber morgen soll das Wetter schon wieder gut sein. Zum Abendessen gibt es stilecht Rindfleisch (mit Brot und Salat). Auch ein kleines Dessert ist noch drin.

Von Punta del Diablo zur Fortaleza de Santa Teresa – und wieder zurück

Santa Taresa

Gesamte Strecke: ca. 30 km

War gestern trübes Grau vorherrschend, so zeigt der erste Blick nach draußen heute eine graue milchige Dunst- und Nebelwand, die sich erst am frühen Nachmittag auflösen wird. Wir fahren zur nahegelegenen Fortaleza de Santa Teresa und dem gleichlautenden Nationalpark. Entgegen der anders lautenden Information im Reiseführer ist die Festung geöffnet und darf besichtigt werden, was wir auch gerne tun.

Danach fahren wir durch den Park, vorbei am geschlossenen Campingplatz, bis zum Strand mit seinem Aussichtspunkt zur Walbeobachtung. Und auch von hier oben ist kein Wal zu entdecken.

Mirador de Ballenas
Von wegen! Weit und breit war kein Wal zu sehen.

Wir fahren zurück nach Punta del Diablo. Im Supermarkt am Ortseingang kaufen wir ein. Ich halte meinen ersten Klönschnack mit dem Eigentümer an der Kasse. Noch vor wenigen Wochen wäre das für mich absolut undenkbar gewesen!

Am Abend möchten wir zum Abschluss unseres Aufenthaltes am Meer noch einmal Fisch oder Meeresfrüchte essen. Um 19:20 h – inzwischen ist es stockdunkel – machen wir uns auf die Suche nach dem Restaurant unserer Wahl: Panes y Pesces. Mit Google und Stirnlampe zur Unterstützung marschieren wir auf nur spärlich beleuchteten Wege aus Sand durch die Dunkelheit. Links, rechts, links … plötzlich stehen wir vor einem riesigen Sandhaufen. Da geht’s schon mal nicht weiter. Da – ein Hinweisschild und 300 Meter weiter noch eins. Aber keines der Häuser scheint Touristen mit Nahrung versorgen zu wollen. Alles ist dunkel. Wir drehen um.

Ein Auto kommt angefahren und parkt vor uns. Wir fragen. Der Fahrer sagt, hier gegenüber sei es. Plötzlich erscheint eine Frau aus der Dunkelheit und erklärt uns, dass das Restaurant den ganzen Winter über geschlossen hat. Ich frage, ob es eine andere Option im Dorf gibt. Ja, am Strand, wir sollen einfach im Zickzack laufen, dann kommen wir genau darauf zu. Toll, und das bei der Straßenbeleuchtung und Straßen, die keinen Namen haben!

Wir machen uns trotzdem auf den Weg. Nach dem ersten Zickzack entdecken wir ein Hinweisschild eines anderen Restaurants und folgen diesem mit knurrendem Magen und dem Mut der aufkeimenden Verzweiflung. Nach 1 km immer noch nichts, auch kein Licht. Laut Onkel Google müssten wir aber in 140 m am Ziel sein. Wir gehen also weiter und tatsächlich finden wir das Restaurant. Es brennt sogar Licht. Wir gehen Richtung Eingangstür aus Glas und ein Mann kommt uns entgegen und schließt die Tür auf. Verunsichert frage ich, ob geöffnet ist. Ja natürlich, wir sollen reinkommen.

Wir sind die einzigen Gäste. Die Speisekarte ist klein, aber fein. Wir bestellen Ravioli mit Shrimps und Zucchini, einen Orangensaft für mich und einen Campari Orange für Knut. Einen zweiten gibt es dann aber schon nicht mehr, weil keine Orangen mehr da sind. Die Ravioli schmecken dafür ganz vorzüglich.

Nach dem Bezahlen stellt sich die Frage, wie wir unsere Unterkunft wiederfinden sollen. Wir folgen dem Blinken des Strommasten und erreichen unser Ziel ohne Umweg und ohne uns verlaufen zu haben. Wer hätte das gedacht?

Von La Paloma bis Punta del Diablo mit Zwischenstopps in Aguas Dulces, La Coronilla und Chuy

Stelzenhaus

Gesamte Strecke: ca. 220 km

Auf der Ruta 10 nach Osten

Nicht besonders traurig verlassen wir La Paloma. Immer weiter geht’s nach Osten. Unser Weg führt uns auf der Ruta 10 entlang der Küste, von der aber nicht mehr viel zu sehen ist. Dafür grün in allen Schattierungen. Die grauen tief hängenden Wolken verschlucken aber jedes Leuchten. Riesige umzäunte Weideflächen sind mit weißen und braunen oder schwarzen Tupfen von grasenden Schafen und Kühen gesprenkelt. Die Einheit der graugrünen Fläche wir durch vereinzelte meterhohe Palmen, die sich im Wind wiegen, durchbrochen. Die ganze Szenerie wirkt surreal.

Ein Schild am Straßenrand weist auf den Bosque de los Ombúes hin. Wir biegen ab und stehen bald schon vor einem verschlossenen roten Gatter. Dahinter staunt eine einsame Kuh über die ver(w)irrten Touristen. Hier kommen wir nicht weiter. Einen anderen Weg gibt es nicht. Uns bleibt nur die Rückkehr auf die Ruta 10 und die Weiterfahrt. Vielleicht will der Wald dieser besonderen Bäume ja im Winter für sich bleiben? Im Reisführer lesen wir später nach, dass der Wald nur im Rahmen geführter Touren besichtigt werden kann.

Wir fahren also weiter. Angeblich sollen sich auf diesem Teil der Strecke die größten Wanderdünen Südamerikas erstrecken. Wenn dem so ist, bekommen wir auf jeden Fall nichts davon mit. Auch kein Hinweisschild deutet auf eine mögliche Abzweigung hin. Ob die Dünen wohl auch in Winterschlaf gefallen sind?

Zwischenstopp in Aguas Dulces

Dann fahren wir weiter nach Aguas Dulces. Dort haben wir den endlos scheinenden Strand ganz für uns allein zum Spazierengehen, Muscheln suchen und bunte Pfahlbautenhäuschen fotografieren.

Natürlich ist auch die Schildkrötenstation Karambué bei La Coronilla komplett verlassen und wir als die alleinigen Besucher trollen uns unverzüglich.

Abstecher nach Chuy

Da wir viel zu früh dran sind, um unsere Unterkunft in Punta del Diablo beziehen zu können, fahren wir einfach weiter bis Chuy, dem letzten Außenposten an der brasilianischen Grenze. Und genau diesen Charme versprüht das Städtchen auch. Ich fühle mich absolut unwohl hier. Knut dagegen findet das ganze Treiben klasse, kann er sich hier doch günstig mit zollfreien Zigaretten und Alkohol eindecken.

Auf der Rückfahrt müssen wir die uruguayische Zollstelle passieren, die wir auf der Hinfahrt einfach links liegen gelassen haben. Prompt werden wir angehalten. Wir erklären den Zöllnern, dass wir nur in Chuy waren und die Grenze zu Brasilien nicht überschritten haben. Unsere Pässe wollen sie dann zwar nicht sehen, wohl aber das Zolldokument für unseren Dicken. Nach Prüfung desselben dürfen wir weiterfahren. In einem kleinen Bistro neben einer großen Tankstelle essen wir leckeres Choripan (Brötchen mit warmer Choizo) und Milanesa al pan (die uruguayische Version des Schnitzelweckles).

Ankunft in Punta del Diablo

Danach tuckern wir weiter nach Punta del Diablo. Im Ort selber irren wir eine Weile durch das Labyrinth der unbefestigten Straßen zu unserer Unterkunft, rustikalen Holzhütten mit Reihenhauscharakter und -charme. Aber das junge brasilianische Paar, das diese Posada betreibt, ist so bemüht und hilfsbereit, dass man sich entgegen des äußeren Anscheins einfach wohlfühlen muss.

Von Punta del Este nach La Paloma mit Zwischenstopps in José Ignacio und Laguna Garzón

La Paloma

Gesamte Strecke: ca. 120 km

José Ignacio

Heute fahren wir die Küste entlang weiter in östliche Richtung. Auf der Fahrt stoppen wir zunächst beim Leuchtturm Faro José Ignacio. Als beeindruckender schlanker Riese steht er auf felsigem Untergrund und trotzt den Gezeiten. Angeblich soll man auch von Juli bis Oktober vom Strand aus vorbeiziehende Wale sehen können. Trotz intensiven Spähens sehen wir keine.

Laguna Garzón

Wir fahren weiter; auch die futuristische Brücke in Form eines Kreises über die Laguna Garzón passieren wir.

La Paloma

Bald danach hört die asphaltierte Strecke auf und wir poltern über unsere erste Schotterpiste 12 km in nördliche Richtung bis wir die Ruta 9 kreuzen. Auf dieser fahren wir dann weiter bis zu unserem heutigen Etappenziel La Paloma. Auch hier gibt es wieder einen grandiosen Leuchtturm. Und theoretisch wieder Wale, aber auch hier ist in der Praxis keiner auszumachen. Nach einem ausgiebigen Strandspaziergang und noch ausgiebigerem auf die Wellen Starren und der Brandung Lauschen kehren wir in unser Hotel zurück. Waren schon in Punta del Este viele Restaurants geschlossen, so herrscht hier absoluter Totentanz. Der ganze Ort scheint in Winterschlaf gefallen zu sein. Nur mit Mühe und einigem Suchen finden wir ein Restaurant, das überhaupt offen hat. Das Essen ist entsprechend kein Highlight. Welcher Irre hatte denn die Idee, hier länger als unbedingt nötig zu halten? Ich fürchte, in diesem Fall handelte es sich um eine Irre, also mich. Der arme Knut erträgt das Ganze aber mit stoischer Gelassenheit.

Punta Ballena mit Casapueblo

Casapueblo

Gesamte Strecke von Punta del Este nach Punta Ballena und wieder zurück: ca. 30 km

Am Nachmittag fahren wir mit dem Auto in westliche Richtung nach Punta Ballena. Auf dieser Landzunge hat der uruguayische Künstler Carlos Paéz Vilaró sein Casapueblo gebaut. Im Kampf gegen die gerade Linie hat er hier ein wirklich eindrucksvolles Gesamtkunstwerk geschaffen. Mit seinen weißen geschwungenen Wänden schmiegt sich das Gebäude in mehreren Terrassen an den Hang und erinnert wenigstens ein bisschen an ein Felsmassiv. Das mag der Tatsache geschuldet sein, dass einer seiner Söhne bei dem Flugzeugabsturz in den Anden 1972 dabei war und überlebt hat.

Die Katzen des Künstlers leben auch nach seinem Tod in Casapueblo. Zur Einstimmung wird in einem der Räume ein Video gezeigt. Als wir dort waren, hat es sich eine Siamkatze auf unserer beider Schoß bequem gemacht und sich ausgiebig streicheln lassen. Schon seltsam, wenn genau diese Katze in einem anderen Raum auf einem riesigen Foto mit dem Künstler zu sehen ist.

In Punta del Este

La mano

Spaziergang durch den alten Ortskern

Nach dem Frühstück wollen wir den alten Teil von Punta del Este besichtigen. Auch heute strahlt die Sonne bei 12 Grad. Von unserem Hotel aus sind es gut 1 km bis zum alten Teil, der genau auf der Landzunge liegt. Unser Weg führt uns zunächst über den Hafen. Kleine und große Yachten schaukeln im glitzernden Wasser und warten auf die nächste Saison. Die ersten Fischer haben ihren Fang schon an Land gebracht. An kleinen Ständen direkt auf der Mole bieten sie ihre Schätze aus Neptuns Reich feil. Noch sind wenige Einheimische oder Touristen unterwegs, dafür kreisen hungrige Möwen über ihnen und hoffen, dass der eine oder andere Leckerbissen für sie abfällt. Ein bulliger Seelöwe hat sich bereits am Rande eines Standes positioniert, um die besten Stücke für sich zu sichern. Einige jüngere Seelöwen tummeln sich im Hafenbecken. Hin und wieder tauchen sie elegant aus der grünlich-braunen Brühe auf, um allzu freche Möwen in ihre Schranken zu weisen.

Unser Weg führt uns weiter durch ruhige Straßen einen sanften Hügel empor. Auf seiner höchsten Stelle thront der Leuchtturm.

Punta del Este Faro
Der Leuchtturm von Punta del Este

Direkt gegenüber befindet sich die meteorologische Station und die hellblau-weiße Backsteinkirche Iglesia de la Candelaria, die gerade für die Sommergäste ins richtige Licht gerückt wird. Überhaupt scheinen die Wintermonate dafür genutzt zu werden, um auszuruhen oder zu renovieren. Viele Bars, Cafés, Restaurants und Hotels sind geschlossen. Zum Schluss unseres Spaziergangs trotten wir noch am Edificio de la Aduana vorbei.

Punta del Este Aduana
Edificio de la Aduana

Dann sind die Highlights auch schon abgegrast. Auf der anderen Seite der Landzunge am Playa Brava steht die Skulptur „La Mano“ des chilenischen Künstlers Mario Irrazábal. Hier treiben sich also die ganzen Touristen herum. Hier ein Selfie, da ein Schnappschuss. Was für eine Anziehungskraft doch fünf überdimensionierte Finger entfalten können. Auch wir sind davor nicht gefeit. Nur wenige Meter davon entfernt, versuchen ambitionierte Surfer auch noch auf der kleinsten Welle zu reiten. In der Ferne sieht man die Isla de los Lobos mit ihrem weißen Leuchtturm.

La mano
La Mano

Nach der Rückkehr von unserem Ausflug nach Punta Ballena fahren wir zum Hafen von Punta del Este. Wir finden ein Restaurant mit Meerblick, das (noch) geöffnet hat und gönnen uns das Tagesmenü mit Fisch. Als letzte Gäste verlassen wir satt und glücklich das Restaurant und spazieren pünktlich zum Sonnenuntergang über die Mole. Die untergehende Sonne verleiht den sonst so weißstrahlenden Hotelriesen einen goldenen Glanz und taucht die gesamte Skyline in sattes Gelborange. Echt beeindruckend!

Nach Osten: Von Montevideo nach Punta del Este mit Zwischenstopp in Piriápolis

Punta del Este Sonnenuntergang

Gesamte Strecke: ca. 130 km

Gut einen Monat nach unserem Abflug aus Deutschland ist es jetzt also so weit: Unser Abenteuer Südamerika darf endlich so richtig beginnen.
Nachdem wir unseren „Dicken“ aus der Garage geholt und alle unsere Habseligkeiten in seinem Inneren verstaut haben, brechen wir entlang der Flussmündung des Río de la Plata zur Atlantikküste im Osten Uruguays auf. Es dauert eine ganze Weile bis wir Montevideo und seine Ausläufer hinter uns lassen. Doch dann nimmt die Besiedlung merklich ab. Heute scheint zur Abwechslung mal die Sonne. Immer wieder zweigen Straßen von der Interbalnearia zu den sich aktuell im Winterschlaf befindenden Badeorten an der Küste ab.

Piriápolis

Wir fahren bis Piriápolis. Dieses Städtchen mit seiner einstmals sicherlich mondänen Uferpromenade wurde zu Beginn des letzten Jahrhunderts nach den Plänen und Vorstellungen des uruguayisch-argentinischen Unternehmers Francisco Piria erbaut. Auch wenn Piriápolis den Eindruck erweckt, seine beste Zeit schon hinter sich zu haben, so zeugt das monumentale (ehemalige) Hotel Argentino und das wesentlich kleinere Hotel Colón mit seinem Fachwerk von dem einstigen Glanz der Stadt.

Wir fahren zum nahegelegenen Castillo, der damaligen Privatresidenz des Empresarios. Das Domizil erinnert an eine mittelalterliche Trutzburg im Kleinformat. Von den Zinnen hat man einen wunderbaren Blick auf die Sierra und natürlich auf Piriápolis. Der Hausherr mag sich hier wie ein Fürst gefühlt haben.

Nach so viel Glanz und Gloria bildet der Besuch der Iglesia Maldita de Piria (Pirias verdammte Kirche) einen Gegenpol. Piria ließ sie ab 1917 erbauen. Die wohl nie fertiggestellte und nach Osten ausgerichtete (wohl das Zeichen für eine von Freimaurern errichtete) Kirche wurde vollkommen dem Verfall preisgegeben. Es steht nunmehr nur noch das Gerippe einer Kirche. Nur noch Tauben und streunende Hunde und Katzen halten sich hier auf. Trotzdem lohnt sich der Stopp, herrscht hier eine ganz eigene und besondere Atmosphäre.


Punta del Este

Wir fahren weiter und erreichen am Nachmittag unser heutiges Etappenziel: Punta del Este, teures Zentrum der Riviera Lateinamerikas.
Es dauert eine Weile bis wir unser Hotel im Dschungel der Hotelhochhäuser finden. Doch nach dem Einchecken machen wir uns sogleich auf, unsere Umgebung zu erkunden.
Es herrscht reges Sonntagnachmittagstreiben in den Straßen. Dennoch haben viele Cafés und Restaurants jetzt im Winter geschlossen. Diejenigen, die geöffnet haben, sind sehr gut besucht. Wir haben schon die Hoffnung auf einen Kaffee und ein Stück Kuchen aufgegeben, doch dann entdecken wir ein Café mit freien Plätzen in der Straße unseres Hotels. Nach dem Genuss von Apfelstrudel, Torte und zwei Cappucini und dem Erhalt der Rechnung können wir erahnen, warum noch Plätze frei waren. Das war der teuerste Cafébesuch ever: schlappe 41 USD dürfen wir berappen. Dafür sind wir aber auch erst einmal pappsatt.

So langsam geht die Sonne unter und so schlendern wir Richtung Wasser. Uruguayos jeden Alters haben sich schon versammelt und warten geduldig mit Matetasse und Thermoskanne in der Hand darauf, dass der Feuerball spektakulär am Horizont im Meer versinkt. Sie – und wir natürlich auch – sollen nicht enttäuscht werden.

Punta del Este Sonnenuntergang
Sonnenuntergang in Punta del Este

Montevideo – Teil 4

Blick auf Montevideo

Die letzten Tage

Dienstag, 2. Juli 2019:

Am Vormittag fahren wir zum Nissan-Händler, um uns mit Betriebsflüssigkeiten einzudecken. Leider werden in Uruguay andere verwendet als in Europa, aber der freundliche junge Mann am Ersatzteilschalter schreibt uns eine Adresse auf, wo wir alles bekommen sollten. Tatsächlich werden wir im „Emporio de los Filtros“ in der Calle Cerro Largo fachkundig und freundlich bedient. Umgerechnet 60 Euro werden wir für Motor- und Getriebeöl, Brems- und Servolenkungsflüssigkeit los.

Im Laden gegenüber versuchen wir unser Glück, um die noch fehlenden Gaskartuschen zu besorgen. Leider Fehlanzeige. Im zweiten Geschäft bekommen wir die Adresse für einen Campingladen in der Nähe. Und hier gibt es tatsächlich die Kartuschen!

Jetzt wollen wir nur noch kurz die Sachen an einem ruhigen Ort verstauen und auch unsere Transportbox sichten. Wir fahren die Uferpromenade in Richtung Osten. Irgendwann landen wir an einer Landzunge mit einem kleinen Leuchtturm darauf. Beim Aussteigen müssen wir leider feststellen, dass der Wind schon wieder ordentlich aufgefrischt hat und dies ein äußerst ungemütliches und ungeeignetes Plätzchen für unser Vorhaben ist.

Ein Leuchtturm in Montevideo!

Wir fahren weiter nach Osten. In einer ruhigen Seitenstraße von Carrasco (dem etwas vornehmeren Vorort von Montevideo) halten wir an und räumen aus und um, um dann noch vor dem Feierabendverkehr wieder zurückzukehren. Dabei wollten wir doch nur mal eben kurz los!


Donnerstag, 4. Juli 2019:

Heute starten wir den dritten Anlauf, das Teatro Solis zu besichtigen. Aber auch dieses Mal haben wir kein Glück. In den Winterferien finden die Führungen nur vormittags statt und wir wollten eigentlich die Führung um 16:00 h machen. Wie gut, dass auf der Internetseite keine Info stand! Dann gibt es eben nur das obligatorische Foto von außen. Auch tanzt niemand im Parque Fabini Tango: kein Wunder bei der Kälte und dem Wind!

Auf dem Rückweg kaufen wir bei einem Straßenhändler gebrannte Erdnüsse – die schmecken richtig lecker. Noch ein Foto von Carlos Gardel und dem Schlösserbrunnen und schon sind wir zurück in unserer Unterkunft. Es ist so ungemütlich und wird von Tag zu Tag kälter und stürmischer in Montevideo.


Samstag, 6. Juli 2019:

Der an unseren Nerven zerrende Sturm hat sich gelegt. Die Sonne scheint und es ist nicht mehr ganz so kalt wie in den letzten Tagen. Wir holen das Auto und machen einen Ausflug zum Militärmuseum in der Fortaleza del Cerro de Montevideo. Kurz vor dem Ziel müssen wir dann unser Navi doch noch ignorieren, als es uns über schmale unbefestigte Feldwege auf den Hügel lotsen will. Wir nehmen besser die Straße, die alle nach oben nehmen. Von oben hat man einen tollen Blick über Montevideo. Auch das Museum lohnt, ist es doch mit viel Liebe zu Detail gemacht.

Und zum Abschied noch einmal der Ausblick aus unserem Fenster …

Montevideo – Teil 3

El Aguila

Ausflug nach Atlántida

Für heute ist nochmals schönes Wetter angesagt und so fahren wir mit dem Dicken durch Montevideos Straßen, am neuen futuristischen Flughafen vorbei, immer weiter nach Osten nach Atlántida. Ein Zentrum suchen wir vergebens, aber das ehemalige Hotel Planeta Palace in Form eines Schiffes im Art-Déco-Stil – mit schweinchenrosa Anstrich – finden wir dann doch.

Planeta Palace
Planeta Palace

Wir fahren auf der Straße fast direkt am Strand noch ein Stück weiter nach Osten, kehren dann aber nach einigen Kilometern wieder um. Es ist einfach zu kalt für den Strand. Im einzigen geöffneten Restaurant mit Meerblick kehren wir ein. Zum Lunch lassen wir unsere Jacken an. Die Plätze am Ofen sind alle belegt.

Weiter entlang der Straße sehen wir die Abzweigung zu El Aguila, dem ehemaligen Haus eines wohlhabenden Industriellen, der sein Haus mit Adlerkopf und Delfinkörper direkt an den Steilhang bauen ließ und das in den 80-er Jahren bereits schon einmal abgestürzt war, aber wieder aufgebaut wurde. Der Wind ist kalt, aber von einem kurzen Spaziergang am Strand lassen wir uns dennoch nicht abhalten.